Der Maschinenbauer Brückner Textile Technologies GmbH & Co. KG lebt vom Export: Der Mittelständler stellt Veredlungsanlagen für Textilien, Technische Textilien, Vliesstoffe und Bodenbeläge her. Entwickelt und konstruiert wird im schwäbischen Leonberg, produziert wird ausschließlich in Deutschland, im oberbayerischen Tittmoning. Von dort aus verschifft Brückner seine Maschinen um die ganze Welt: nach Argentinien, Guatemala und Kolumbien, in die Türkei, nach Pakistan oder bis nach Bangladesch, Usbekistan und China. Der Erfolg des 1949 gegründeten Familienunternehmens kann sich sehen lassen, das Label „Made in Germany“ zieht bei den ausländischen Kunden.
„Wir wollen schon beim Start der Produktion Gewissheit haben, dass das Geld bei Lieferung ordnungsgemäß fließt.“
Rainer Hertler,
Leiter Finanzierung & Logistik der Brückner Textile Technologies GmbH & Co. KG
Doch die Exportquote von 95 Prozent hat auch eine Kehrseite: Brückner verkauft in Ländern, die nicht selten geprägt sind von mäßiger Zahlungsmoral, komplexer Regulatorik und hohen Zinsen. Für die Finanzverantwortlichen ist das eine Herausforderung – zumal zwischen dem Auftragseingang und der Auslieferung der Maschinen mehrere Monate vergehen, berichtet Rainer Hertler, Leiter Finanzierung & Logistik bei Brückner. „Wir wollen aber schon beim Start der Produktion Gewissheit haben, dass das Geld bei Lieferung ordnungsgemäß fließt.“
Ganz besonders wichtig ist das bei Sonderanfertigungen für bestimmte Kunden. „Solche Projekte erreichen zum Teil Auftragsvolumina von über 2,5 Millionen Euro“, so Hertler. Zum Vergleich: Der Jahresumsatz von Brückner liegt bei etwas über 100 Millionen Euro. Zahlt der Kunde dieses Auftrags nicht und fällt die Forderung aus, hinterließe das empfindliche Spuren im Zahlenwerk des Mittelständlers.
Um dieses Risiko abzusichern, setzt Brückner auf Exportakkreditive. Dabei handelt es sich um ein unwiderrufliches Zahlungsversprechen der Bank des Importeurs. „Sofern alle im Akkreditiv geforderten Dokumente ordnungsgemäß vorgelegt werden, wird das Geld zum vereinbarten Zeitpunkt gutgeschrieben“, erklärt die für Brückner zuständige Trade-Flow-Spezialistin Tanja Häußler. „Das Unternehmen macht sich damit unabhängig von der Zahlungsfähigkeit seiner Kunden, während die Bank des Importeurs das Risiko übernimmt.“ Über eine Bestätigung dieses Zahlungsversprechens durch eine deutsche Bank kann zusätzlich das jeweilige Banken- und Länderrisiko abgesichert werden.
Insgesamt sind vier Parteien an der Transaktion beteiligt: der Exporteur und seine Bank sowie der Importeur und seine Bank, die das Akkreditiv eröffnet. Zwischen den beiden Banken muss es eine Korrespondenzbankbeziehung geben, damit das Akkreditiv zustande kommt. Ein Exporteur wie Brückner benötigt also Hausbanken, die ein großes Netzwerk an Korrespondenzbanken in seinen Absatzmärken unterhalten. Andernfalls riskiert er als Lieferant, einen Auftrag zu verlieren, wenn er auf einer Zahlungsabsicherung via Akkreditiv besteht, seine Hausbanken aber nicht mit den Banken des Käufers kooperieren. „Aus diesem Grund ist es uns wichtig, mit einem global vernetzten Institut wie der Deutschen Bank zusammenzuarbeiten“, erklärt Hertler.
Ein weiterer Vorteil: Brückner nutzt Akkreditive auch als Vertriebsinstrument. Das Unternehmen bietet seinen Abnehmern an, Maschinen erst nach ein oder zwei Jahren zu bezahlen – statt sofort bei Lieferung. Möglich ist das durch den Einbau einer „Deferred Payment“-Klausel im Akkreditiv. „Unsere Kunden haben so die Möglichkeit, die Anlagen mit dem Geld zu bezahlen, das sie durch die Produktion unserer Maschinen verdienen“, berichtet Hertler. Dieses Vorgehen sei vorbildlich auch für andere Unternehmen, findet Sandra Mayer-Ruby, bei der Deutschen Bank Firmenkundenbetreuerin von Brückner. „Insbesondere deutsche Exporteure könnten Akkreditive viel strategischer als Instrument für die Absatzfinanzierung nutzen.“ Voraussetzung dafür sei aber, dass Finanzabteilung und Vertrieb an einem Strang zögen.
„Insbesondere deutsche Exporteure könnten Akkreditive viel strategischer als Instrument für die Absatzfinanzierung nutzen.“
Sandra Mayer-Ruby, Deutsche Bank AG,
Firmenkundenbetreuerin Brückner Textile Technologies GmbH & Co. KG
Dann können Akkreditive mit Deferred-Payment-Option eine Win-win-Konstellation darstellen: Müssten die Textilhersteller den Kauf der Maschine selbst finanzieren, fielen dafür in der Regel höhere Finanzierungskosten an – schließlich sind die Zinsniveaus in Argentinien oder der Türkei deutlich höher als hierzulande. Der Maschinenbauer selbst benötigt das Geld dank seiner „hervorragenden Liquiditätslage“ nicht sofort, wie Hertler betont. In Zeiten von Negativzinsen ist zu viel Cash sogar eher hinderlich. „Wir fragen daher grundsätzlich frühzeitig Konditionen für Akkreditivbestätigungen und Finanzierungen bei unseren Hausbanken ab und preisen diese in unsere Angebote ein“, erklärt Hertler.
In manchen Fällen könne der Vertrieb dadurch sogar einen Zusatzverdienst erzielen – und zwar dann, wenn das Zinsniveau im Abnehmerland so hoch sei, dass man auf die Bankkonditionen noch eine zusätzliche Marge aufschlagen könne und der Kunde dennoch eine attraktive Finanzierung erhalte.
11/2021