Finanzierung
Wie Unternehmen Innovationen für den Umwelt- und Klimaschutz umsetzen.
Ob als technische Bauteile in Autos, Isolierungen oder Verpackungen: Kunststoffformteile finden sich in vielen Anwendungsbereichen. Hergestellt werden sie aus thermoplastischen Kunststoffen in Form von Partikelschäumen beziehungsweise Schaumperlen. Diese werden durch Erhitzen weich gemacht und können so entweder als weicher Feststoff oder als Flüssigkeit verarbeitet werden. Durchgeführt wird dieser Prozess in der Regel mithilfe von Wasserdampf – ein energie- und wasserintensiver Prozess. Genau hier setzt ein neues Verfahren an, das die Kurtz GmbH & Co. KG aus dem bayerischen Kreuzwertheim entwickelt hat. Es ermöglicht die Verarbeitung von Partikelschäumen durch elektromagnetische Wellen im Hochfrequenzbereich. Verglichen mit der konventionellen Dampfverarbeitung lassen sich durch die Radiofrequenz-Technologie (RF) bis zu 70 Prozent Kohlendioxid (CO2), 90 Prozent Energie und 100 Prozent Wasser einsparen. Darüber hinaus ermöglicht die Technologie Recyclinganteile von bis zu 100 Prozent und die Verarbeitung biologischer Materialien wie Maisgrieß. Für ihre Innovation, an der ein Team des Unternehmens nach eigenen Angaben fast vier Jahre gearbeitet hatte, erhielt Kurtz den Deutschen Innovationspreis für Klima und Umwelt (IKU) für Formteilautomaten in der Kategorie „Umweltfreundliche Technologien“.
„Es ist ein großartiges Gefühl, dass sich die jahrelange Arbeit unserer Mitarbeiter ausgezahlt hat. Ein noch viel größeres Geschenk ist das Wissen, dass wir mit unserer Entwicklung zum Klimaschutz beitragen und mithelfen, die Kreislaufwirtschaft in unserer Branche voranzutreiben“,
sagte Geschäftsführer Uwe Rothaug bei der Preisverleihung.
Die zehn IKU-Preisträger zeigen eindrücklich, wie vielfältig die Möglichkeiten zur Verringerung des Verbrauchs von Energie und Rohstoffen sind. Mit der Entwicklung und dem Einsatz von Innovationen in den Bereichen Umwelt- und Klimaschutz lassen sich nicht nur Preise gewinnen und die Reputation stärken, sie sind vor allem für die Unternehmen selbst ein Gewinn.
Maßnahmen wie das Umsatteln auf erneuerbare Energien, der Einsatz ressourcenschonender Technologien sowie eine bessere Energieeffizienz entlang der gesamten Wertschöpfungskette ermöglichen auf Dauer deutliche Wettbewerbsvorteile – zum Beispiel durch das Senken von Rohstoff- und Energiekosten.
Der Umwelt- und Klimaschutz ist weltweit auf dem Vormarsch. Unternehmen, die sich hier frühzeitig als Anbieter nachhaltiger Technologien positionieren können, verschaffen sich klare Wettbewerbsvorteile. Laut einer Untersuchung von KfW Research liegt das Umsatzwachstum von Unternehmen mit erfolgreich abgeschlossenen Innovationsvorhaben zum Beispiel für den Ressourceneinsatz innerhalb eines Zwei-Jahres-Zeitraums nach Abschluss der Innovationsvorhaben rund ein Drittel höher als bei vergleichbaren Unternehmen ohne Innovationen. Die deutsche Wirtschaft ist bereits ein wichtiger Produktionsstandort für grüne Technologien und der zweitgrößte Exporteur von Umwelt- und Klimaschutzgütern weltweit.
Der Umbau zu einer nachhaltigen Wirtschaft ist weltweit in vollem Gange. Um dieses Ziel zu erreichen, gibt es eine Vielzahl von Gesetzesinitiativen, insbesondere der Europäischen Union. So hat die EU-Kommission bereits im März 2018 ihren Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums („Action Plan on Sustainable Finance“) vorgelegt. Dieser verfolgt unter anderem die Umlenkung von Kapitalströmen in nachhaltige Investitionen. Ein wichtiger Bestandteil des Aktionsplans ist die sogenannte Taxonomie-Verordnung. Sie definiert grundsätzlich, was in der Europäischen Union unter nachhaltigem Wirtschaften zu verstehen ist – beispielsweise durch die Festlegung detaillierter Grenzwerte für den Ausstoß von klimaschädlichem CO₂. Über kurz oder lang werden alle Unternehmen Technologien einsetzen müssen, die sie dazu befähigen, die entsprechenden Vorgaben zu erreichen.
Laut KfW Research müsste der Unternehmenssektor in Deutschland jährlich rund 120 Milliarden Euro (zuzüglich Preisanpassungen im Zeitablauf) investieren, um das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen – etwa die Hälfte der Investitionssumme entfiele dabei auf kleine und mittlere Unternehmen (KMUs). Allerdings wurden dem im November 2024 veröffentlichten KfW-Klimabarometer zufolge 2023 insgesamt nur rund 85 Milliarden Euro in den inländischen Klimaschutz investiert, davon 23 Milliarden Euro von Unternehmen mit bis zu 49 Beschäftigten. Zählt man größere Mittelständler mit bis zu 500 Millionen Euro Jahresumsatz hinzu, waren es 35 Milliarden Euro. Nur etwa jedes neunte der knapp 3,8 Millionen Unternehmen in Deutschland hat 2023 überhaupt Klimaschutzinvestitionen getätigt. Unter Klimaschutzinvestitionen werden Investitionen in Maßnahmen zur Vermeidung oder Verminderung von Treibhausgasemissionen im jeweiligen Unternehmen verstanden, wobei der Klimaschutz bei diesen Investitionen nicht zwingend oberste Priorität gehabt haben muss.
Das Klimabarometer zeigt zudem, dass sich mittelständische Unternehmen bei ihren Klimaschutzinvestitionen mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfrontiert sehen. 47 Prozent der Unternehmen erachten Unsicherheiten hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Investition als ein relevantes oder sehr relevantes Hemmnis für Klimaschutzinvestitionen. Fehlende finanzielle Ressourcen werden von 37 Prozent als relevantes Hemmnis angesehen. Fast genauso viele beklagen lange Planungs- und Genehmigungsverfahren. Um die vielfältigen Hemmnisse auf dem Weg zur Klimaneutralität anzugehen, bedarf es laut KfW Research eines „verlässlichen und ansteigenden“ CO2-Preises, „damit die Kosten von fossilen Technologien die Kosten der Klimaschädigung reflektieren und klimafreundliche Technologien dadurch entsprechend wirtschaftlicher werden“, sowie der Bereitstellung eines ausreichenden Finanzierungs- und Förderrahmens, auch durch Zuschüsse, zinsverbilligte Darlehen oder Risikoübernahmen für den Einsatz neuartiger Klimaschutztechnologien.
Für die Umsetzung von innovativen Projekten im Bereich Klima- und Umweltschutz existiert eine Vielzahl staatlicher Fördermöglichkeiten. Investitionen und Betriebsmittel für die Entwicklung neuer Produkte, Prozesse und Dienstleistungen, die sich vom Stand der Technik in der Europäischen Union abheben, fördert die KfW mit dem ERP-Mezzanine für Innovation. Förderberechtigt sind private Unternehmen und Freiberufler, die seit mindestens zwei Jahren geschäftstätig sind. Die Kreditsumme beträgt bis zu 5 Millionen Euro.
Zukunftsweisende Vorhaben in Unternehmen lassen sich zudem mit dem ERP-Digitalisierungs- und Innovationskredit zinsgünstig finanzieren. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von KfW-Förderprodukten in den Bereichen Energie und Umwelt. Informationen zur Förderung von Forschungsvorhaben gibt es bei der Förderberatung des Bundes.
Mit dem Unternehmensnetzwerk Klimaschutz gibt es ein Angebot der Industrie- und Handelskammern (IHK), das aktiv zum Klimaschutz beitragen möchte, indem es möglichst vielen Unternehmen den Einstieg und das Vorankommen im Klimaschutz erleichtert. Im Mittelpunkt des Netzwerks steht der Austausch zwischen Unternehmen zu praktischen Fragen – von der CO2-Bilanzierung über die Festlegung angemessener Ziele, die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen bis zu innovativen Ansätzen, etwa bei der Beteiligung von Mitarbeitenden, Kunden und Lieferanten oder der Schließung von Wertstoffkreisläufen. Neben vielen Informationen und Angeboten auf der Webseite des Netzwerks sind ein Klimacheck für KMU und die Einbindung eines Tools zur Berechnung der eigenen CO2-Bilanz in Planung. Das Netzwerk hat bereits mehr als 1.000 Mitglieder.
Der Beitrag erschien erstmals online bei Perspektiven, dem Informationsportal für Geschäfts- und Firmenkunden der Postbank. Alle Angaben ohne Gewähr. Stand Oktober 2024
Bildnachweis: iStockphoto / NickyLloyd