Vorwort
Corona stellt die gesamte Welt auch wirtschaftlich vor eine gemeinsame Herausforderung, der wir gleichzeitig auf vielen Ebenen begegnen müssen: global, europäisch, national und lokal. Trotz Pandemie dürfen wir aber nicht die drängenden Herausforderungen aus den Augen verlieren, die Corona vielleicht beschleunigt hat – die aber auch ohne die Pandemie nicht wegzureden sind. Deutschland steht vor einem bedeutsamen Umbau der Wirtschaft.
Als globale Hausbank sehen wir sowohl die Perspektive einzelner Kunden als auch die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland und der Welt. Wir interagieren täglich mit Unternehmen, die hervorragende und innovative Geschäftsmodelle und -ideen haben. Doch wir sehen auch signifikante Veränderungen, die durch neue Technologien, verändertes Kundenverhalten und Nachhaltigkeit getrieben werden. Damit europäische und deutsche Unternehmen diese Trends mitprägen können und ihre Wettbewerbsfähigkeit nicht verlieren, sind hohe Investitionen nötig. Dabei haben unsere Unternehmen einen Standortnachteil, der aus einer begrenzten Varianz an Kapitalformen und einer vergleichsweise geringen Tiefe der Kapitalmärkte in Europa resultiert.
Ein Blick in die USA zeigt einen privatwirtschaftlich organisierten Finanzierungspool, der viel breiter und tiefer als in Europa ist. Dem steht in China eine staatlich gelenkte Finanzierungsstrategie mit einem sehr langen Zeithorizont gegenüber, die chinesischen Unternehmen zumindest kurzfristig Wettbewerbsvorteile verschafft. Damit wird die Kapitalbeschaff ung an sich zu einem entscheidenden Standortfaktor.
Das ist bedenklich. Nicht der bloße Zugang zu Finanzierungen und Kapital sollte über den unternehmerischen Wettbewerb in einer Marktwirtschaft entscheiden, sondern die besseren Ideen und Produkte. Darum müssen wir den „Standortnachteil Kapital“ beseitigen. Ein neu ausgerichteter Fördermittelschwerpunkt kann dafür kurzfristig ein wesentlicher Baustein sein.
Die notwendigen Investitionen sind enorm: vom raschen Ausbau des Breitbandinternets bis hin zur Förderung von Schlüsseltechnologien wie Künstlicher Intelligenz oder E-Mobilität – um nur einige zu nennen. Neben den Investitionen in Innovation wird auch der Umbau hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft bedeutende Summen erfordern.
Um die Finanzierung der notwendigen Transformation zu ermöglichen, ist ein Schulterschluss von Staat und privater Finanzwirtschaft notwendig. Dabei sollten die staatlichen Förderprogramme, so weit wie irgendwie möglich, Marktmechanismen nutzen. In diesem Sinne sollten die neu ausgestalteten Förderprogramme eine gezieltere Funktion übernehmen.
Ziel ist nicht eine Ausweitung der staatlichen Förderung, sondern eine Neuausrichtung, die zum einen zielgenau auf die Bewältigung der Aufgabe ausgerichtet ist und zum anderen zusätzliches privates Kapital für Investitionen mobilisiert. Das ist aus unserer Sicht kein Schritt in Richtung „mehr Staat“, sondern theoriegemäß die ureigene staatliche Aufgabe, die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen und die Infrastruktur bereitzustellen, damit privates und staatliches Kapital ihre Kraft und ihr Potenzial entfalten können. In diesem Sinne sehen wir die neu ausgestalteten Fördermittel auch als einen Zwischenschritt, bis die europäische Kapitalmarktunion ganzheitlich umgesetzt ist und ein voll entwickelter europäischer Kapitalmarkt die steigende Nachfrage an Transformationsfi nanzierungen bedienen kann.
Dies ist ein erster Diskussionsbeitrag, mit dem wir eine Debatte über eine Neuausrichtung der bestehenden Fördermittelinstrumente anstoßen wollen. Über die Details mag man streiten, doch über das Ziel dürfte Einigkeit bestehen: Unternehmen die Finanzierung der dringenden Investitionen in die Transformation der Wirtschaft zu ermöglichen, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und Europas langfristig zu sichern.