Märkte – 13.03.2023
Die Konjunkturprognosen für Deutschland fallen im ersten Quartal 2023 besser aus als im vergangenen Herbst erwartet. Das Gesundheitswesen ist weiterhin robust aufgestellt. Einkommenszuwächse bei der Zahnärzte-/Ärzteschaft könnten in diesem Jahr von der Inflation geschmälert werden.
Es hätte schlimmer kommen können – wenigstens für die Wirtschaftsentwicklung in Deutschland: Die befürchtete Energiemangellage und weiter steigende Energiepreise sind unter anderem aufgrund des überwiegend milden Winters ausgeblieben.
Trotz des andauernden Kriegs in der Ukraine könnte Deutschland am Ende an einer Rezession vorbeischrammen.
Die Deutsche Bundesbank hatte Ende 2022 für 2023 noch einen Rückgang des BIP von 0,5 Prozent vorhergesagt, nach einem Wachstum von 1,8 Prozent im Jahr 2022.
Die aktuellen Prognosen liegen inflationsbereinigt zwischen leichtem Minuswachstum (zum Beispiel Kreditanstalt für Wiederaufbau) und einem kleinen Plus (zum Beispiel Bundesregierung und EU-Kommission). Deutsche Bank Research liegt genau dazwischen und erwartet eine Stagnation der deutschen Wirtschaft im laufenden Jahr. Der zuletzt gestiegene ifo Geschäftsklimaindex zeugt ebenfalls von einer wachsenden Zuversicht der Wirtschaftsakteure.
Derweil hat die noch bei über acht Prozent verharrende Inflation nach anfänglichem Zögern bei der Europäischen Zentralbank (EZB) zu einem Umdenken geführt. Die daraufhin angelaufene Zinswende trägt zwar dazu bei, dass fremdfinanzierte Investitionen in die Praxis tendenziell teurer werden. Doch hat sie auch bewirkt, dass jetzt die Banken wieder Zinsen auf Einlagen zahlen, von denen (Zahn-)Ärztinnen und (Zahn-)Ärzte als Anlegende profitieren können.
Es gibt allerdings noch eine andere Seite der Inflation, die ebenfalls das Gesundheitswesen betrifft: Die Preise sind in diesem Sektor bekanntlich streng reguliert, sowohl für Praxen als auch für Krankenhäuser und Arzneimittelhersteller.
Das bestätigt sich ebenso für das vergangene Jahr: Nach Berechnungen des Datendienstleisters Rebmann Research haben im vergangenen Jahr die Zahnärztinnen und Zahnärzte mit einem Plus von 4,3 Prozent bei Kassen- und Privateinnahmen den höchsten Honorarzuwachs erzielt. Ärztinnen und Ärzte kamen auf ein Plus von 3,1 Prozent, für Krankenhausbehandlungen gab es 2,1 Prozent mehr.
Das sind Zuwächse für Leistungserbringende, die allesamt deutlich unterhalb der Inflationsrate des vergangenen Jahres von im Schnitt 7,9 Prozent liegen.
Die gesetzlichen Krankenkassen dagegen weisen für das vergangene Jahr nach einem Rekorddefizit von 5,6 Milliarden Euro im Jahr 2021 wieder einen Überschuss von 445,5 Millionen Euro aus. Dieser beruht vor allem auf höheren Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds und gestiegenen Zusatzbeiträgen der Versicherten.
Die Kassen profitieren dabei von der stabilen Lage am Arbeitsmarkt: Trotz der drohenden Rezession nahm die Beschäftigung im vergangenen Jahr sogar zu. Nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamts stieg die Zahl der Erwerbstätigen im vierten Quartal 2022 saisonbereinigt im Vergleich zum Vorquartal um 0,2 Prozent auf den neuen Höchstwert von 45,7 Millionen Personen. Die Folge waren stabile bis steigende Einnahmen für die Sozialversicherung und eben auch für die Krankenkassen.
In diesem Jahr dürfte sich die Einnahmeseite der Krankenkassen weiter auf hohem Niveau halten, unter anderem weil die aktuell laufende Tarifrunde hohe Lohn- und Gehaltsabschlüsse erwarten lässt, was sich positiv auf die Beitragseinnahmen auswirkt.
Nach dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz dürfte zumindest für dieses Jahr auch die Ausgabenseite nicht völlig aus dem Ruder laufen. Dennoch mahnen die Kassenverbände weitere Unterstützungsmaßnahmen für 2024 an, da sie befürchten, aufgrund von steigenden Ausgaben tief in die roten Zahlen zu rutschen.
Einen Beitrag zur Stabilisierung der Kassenfinanzen in diesem Jahr leisten auch die Vertragsärztinnen und -ärzte, nachdem der Gesetzgeber die Neupatientenregelung gestrichen hat, was insgesamt Einbußen in Höhe von rund 400 Millionen Euro für die Ärzteschaft bringen könnte, wenn nicht gegengesteuert wird (die medNachrichten berichteten im Februar 2023).
Diese Neuregelung ließ im vergangenen Jahr die Stimmung in der Ärzteschaft in den Keller rutschen (die medNachrichten berichteten im Oktober 2022). Hinzu kamen die hohe Inflation und insbesondere die drastisch gestiegenen Energiekosten, die vor allem damit zusammenhängen, dass sich die gestiegenen Energiekosten nicht in einem entsprechend steigenden Orientierungswert für dieses Jahr niederschlagen.
Zumindest ein Teil dieser negativen Faktoren könnte sich in diesem Jahr weniger stark auswirken als bisher. So sind die Energiepreise in den ersten Monaten dieses Jahres kaum noch höher gewesen als in den Monaten vor Kriegsbeginn in der Ukraine. Falls diese Entwicklung anhält, dürfte sich die Lage vor allem bei Ärztinnen und Ärzten aus den energieintensiven Bereichen wie Dialyse, Strahlentherapie und Radiologie wieder entspannen.
Bei steigenden Gehältern und einer möglicherweise zurückgehenden Inflation könnte sich das Konsumklima wieder verbessern. Davon könnten auch (Zahn )Ärztinnen und (Zahn-)Ärzte profitieren, die aktiv Wunsch- und Selbstzahlerleistungen anbieten.
Wer vom medizinischen Nutzen einer Geräte-gestützten Selbstzahlerleistung für seine Patientinnen und Patienten überzeugt ist, für den können sich Investitionen in kleinere oder größere Geräte, zum Beispiel im Point-of-Care-Labor oder zur kosmetischen Behandlung in der Dermatologie, lohnen. Wie lange es dauert, bis sich eine Investition in ein neues Gerät amortisiert, kann über den fachgruppenspezifischen InvestitionsCheck der Deutschen Bank für verschiedene Geräte durchgerechnet werden.
Gespannt dürften vor allem die Vertragsärztinnen und -ärzte auf die Honorarverhandlungen für 2024 im Sommer blicken. Denn dabei könnte eine im Vergleich zu 2023 kräftigere Erhöhung des Orientierungswerts herauskommen. Der Grund: Nach der gesetzlich vorgegebenen Honorarsystematik sollte die hohe Inflation im vergangenen Jahr in die Berechnungen des Honorars 2024 miteinfließen.
Positiv auf die Stimmung könnten sich zudem die im Februar bekannt gewordenen Pläne der Koalition zur Entbudgetierung der Pädiatrie und später der Allgemeinmedizin auswirken.
Wenn sich dann noch die Konjunkturerwartungen für 2024 mit der Annahme wieder steigender Wachstumsraten bestätigen, dann dürften nicht zuletzt die Akteure im Gesundheitswesen davon profitieren.
Alle Erwartungen zum Konjunkturverlauf sind unter Vorbehalt des weiteren Kriegsverlaufs zu betrachten.
Redaktion:
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