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Quelle: knape / Getty Images

Aus den Regionen – 05.08.2022

Hamburg erprobt das Integrierte Notfallzentrum

  • Abgestuftes Versorgungsangebot an einem Ort
  • 4.000 Fälle pro Quartal erwartet

Wie muss die Notfallbehandlung in Krankenhäusern künftig organisiert werden? Diese Frage bewegt die Gesundheitspolitik in Bund und Ländern. In Hamburg startete dazu kürzlich ein Modellprojekt, das die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte über die KV als Partner ins Boot holt und auf digitale Unterstützung setzt.

Das Integrierte Notfallzentrum (INZ) am Hamburger Marienkrankenhaus ist das erste seiner Art in Norddeutschland und könnte nach Ansicht der Beteiligten und der Politik wegweisend auch für andere Regionen sein. Das Zentrum verfügt über eine zentrale Anlaufstelle für Patientinnen und Patienten, die selbstständig die Einrichtung aufsuchen.

Der Empfang des INZ steht unter fachlicher Leitung der KV. Ankommende Patientinnen und Patienten werden von besonders geschulten medizinischen Fachangestellten (MFA) befragt und dann weitergeleitet. Dabei setzen sie die Software „SmED Kontakt+“ ein. Die Software gibt strukturierte Fragen vor. Die Antworten helfen bei der Einschätzung, ob eine Behandlung im Krankenhaus erforderlich ist oder ambulant behandelt wird. Die Software ist ein geprüftes Medizinprodukt, das im Rettungsdienst zur Triagierung eingesetzt wird.

Das INZ befindet sich in innerstädtischer Lage in der Angerstraße und ist rund um die Uhr geöffnet. Mehrere Versorgungsebenen stehen als Optionen zur Verfügung. Möglich ist die Versorgung im Zentrum für Notfall- und Akutmedizin der Marienklinik, aber auch in der Notfallpraxis. Als weitere Möglichkeiten kommen eine telefonische ärztliche Beratung sowie die Vermittlung eines Termins in einer Haus- oder Facharztpraxis in Betracht.

Abgestuftes Versorgungsangebot an einem Ort

Das Versorgungsangebot im Notfallzentrum bietet eine Notfallversorgung der höchsten Versorgungsstufe drei, ein breites Spektrum mit zahlreichen fachärztlichen Disziplinen sowie ein Traumazentrum und eine Stroke-Unit (Schlaganfall-Spezialstation). In der ärztlich besetzten Notfallpraxis sind allgemeinärztliche Behandlungen und kleine chirurgische Eingriffe möglich. Die Notfallpraxis verfügt über vier Behandlungsräume. Im Zentrum für Notfall- und Akutmedizin stehen 18 Behandlungsplätze zur Verfügung.

Hamburgs Gesundheits- und Sozialsenatorin Dr. Melanie Leonhard setzt große Hoffnungen in das Modell. Nach ihrer Überzeugung hat eine möglichst schnelle Versorgung für Patientinnen und Patienten Priorität, die formelle Zuständigkeit spiele in solchen Situationen nur eine untergeordnete Rolle.

Hamburgs KV-Vorständin Caroline Roos erwartet, dass Patientinnen und Patienten in dem Modell besser in die Versorgungsebenen gelenkt werden können, in denen sie am besten aufgehoben sind. „Damit entlasten wir letztlich auch die Zentrale Notaufnahme, was dort zu mehr Kapazitäten für die Behandlung von Menschen mit schweren oder lebensbedrohlichen Erkrankungen führt“, sagt Roos.

4.000 Fälle pro Quartal erwartet

Die KV ist sich bewusst, dass das INZ zunächst Defizite erwirtschaften wird und damit für die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte zu einem Zuschussgeschäft wird. Die KV kalkuliert mit 4.000 Fällen pro Quartal und einem Defizit von rund einer Million Euro jährlich. Für einen Ausgleich des Defizits durch die Krankenkassen gibt es bislang keine Signale. Die KV-Vertreterversammlung in Hamburg hatte sich nach kontroverser Diskussion dennoch für das Projekt entschieden. Sie erhofft sich vom INZ den Nachweis, dass die Krankenkassen durch solche Einrichtungen Kosten senken können. Wegen des voraussichtlichen Defizits bestand die KV auf einer begrenzten Laufzeit von drei Jahren und auf einem Sonderkündigungsrecht.

Das Marienkrankenhaus ist mit rund 600 Betten und mehr als 90.000 Patienten im Jahr eines der größten konfessionellen Krankenhäuser in Norddeutschland.

Redaktion:
Springer Medizin, Postfach 21 31, 63243 Neu-Isenburg, Hauke Gerlof (V. i. S. d. P.)

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