17.12.2021
Dass Ärztinnen und Ärzte zunehmend enger mit anderen Gesundheitsberufen zusammenarbeiten, ist bekannt. Ein neu entstehender Beruf, der für die Kooperation wichtig sein könnte, ist die „Cardiolotsin“ bzw. der „Cardiolotse“.
Herzpatientinnen und -patienten in Berlin lernen seit einigen Jahren eine neue Berufsbezeichnung kennen: „Cardiolotsen“ werden am Übergang zwischen Krankenhaus und weiterbehandelnden Ärztinnen und Ärzten eingesetzt. Dort kümmern sie sich um verschiedene Angelegenheiten: Sie helfen bei der Terminfindung für Kontrolluntersuchungen, suchen nach geeigneten Herzsportgruppen oder weiterbehandelnden Praxen.
Damit gehen ihre Aufgaben über das übliche Entlassmanagement hinaus. Vorteile ihres Einsatzes liegen unter anderem in der Stärkung der intersektoralen Vernetzung und in der Vermeidung erneuter Klinikeinweisungen, des sogenannten Drehtüreffekts.
Dies ist insbesondere bei Herzpatienten ein Problem, bei ihnen gibt es eine hohe Rehospitalisierungsrate. Die Initiatoren hoffen, diese mit dem Einsatz der Cardiolotsen um 5 Prozent senken zu können.
Forciert werden die Lotsinnen und Lotsen vom kommunalen Berliner Klinikunternehmen Vivantes und der AOK Nordost, die sie sich als eigenständiges Berufsbild im Gesundheitswesen vorstellen können.
Die beiden Initiatoren waren Partner eines vor drei Jahren gestarteten Innovationsfondsprojekts, das inzwischen als Selektivvertrag läuft.
Zu Cardiolotsinnen und -lotsen werden MFA sowie Gesundheits- und Krankenpflegekräfte zwei Monate lang geschult. Neben dem Berliner Projekt gibt es weitere Versuche, Patientinnen und Patienten durch ähnliche Kräfte zu unterstützen.
Besonders unter Hausärztinnen und Hausärzten wird die Entwicklung aufmerksam verfolgt. Sie befürchten einen Wildwuchs an Lotsen, in deren Funktion sie sich auch selbst sehen.
17.12.2021
Ein von Ärzten getragenes Unternehmen plant, Systempraxen mit gleichen Standards und gleicher Technik im ambulanten Sektor zu etablieren. Das Start-up will Ärztinnen und Ärzte anstellen, die Unternehmensanteile und Gewinnbeteiligungen bekommen sollen. Übergeordnetes Ziel: die Freiberuflichkeit erhalten.
Entstanden war die Idee zum Unternehmen, nachdem ein Hausarzt aus Bottrop seine Praxis nach seinen Bedürfnissen rundum digitalisiert hatte. Als dies bekannt wurde, war die Nachfrage von Kolleginnen und Kollegen so groß, dass er daraufhin ein Unternehmen gründete, das Praxen bei der Ausrüstung mit IT-Technik oder deren Aufrüstung unterstützt.
Seitdem sind in 18 Monaten acht Einheiten digitalisiert worden, darunter neben allgemeinmedizinischen auch eine dermatologische Praxis.
Zu den Leistungen zählen neben der zwei Tage dauernden Implementierung auch Schulungen. Eingesetzt werden Tools, die sich in der Praxis des Hausarztes bewährt haben. Dazu gehören u. a. Terminals, an denen sich die Patienten anmelden, und eine digitale Hausbesuchskarte zur Planung der Hausbesuche.
Neben dem Hausarzt gehören auch ein früherer Weiterbildungsassistent der Praxis und eine Praxismanagerin zu den Gründern des Unternehmens. Außer diesen drei gibt es fünf weitere Beschäftigte, ausnahmslos Mediziner.
Aus der Idee mit der IT-Ausrüstung entsprang die nächste: eigene Systempraxen zu betreiben. Dafür sollen nun MVZ mit jeweils mindestens zwei Ärzten gegründet werden. Sie sollen nach einheitlichen Standards arbeiten und jeweils über die gleiche Ausstattung und Technik verfügen und damit einen Wiedererkennungswert bekommen.
Die dort angestellten Ärztinnen und Ärzte sollen sich ausschließlich um die medizinischen Belange kümmern. Alle Fragen rund um Verwaltung, Organisation und Technik werden vom Unternehmen geklärt. Neue Tools werden vor Einführung in den Systempraxen in der Hausarztpraxis des Unternehmensgründers getestet.
Die Gründer berücksichtigen bei dem Modell die Wünsche insbesondere der jüngeren Generation von Ärztinnen und Ärzten: ein geringes finanzielles Risiko, Teamarbeit und digitales Arbeiten. Die Beschäftigten erhalten neben ihrem Festgehalt auch Unternehmens- und Gewinnanteile, was die Bindung an das Unternehmen und die Motivation erhöht.
Beim ersten MVZ ist der Hausarzt selbst der Geschäftsführer. Er legt Wert darauf, dass die MVZ in ärztlicher Hand bleiben und die Freiberuflichkeit gestärkt wird. Für die Expansion soll eine Finanzierungsrunde ohne Klinikträger oder Investmentfonds gestartet werden.
17.12.2021
Strukturwandel im ambulanten Gesundheitswesen
am Beispiel Baden-Württembergs
1. Anzahl der haus- und fachärztlichen Praxen, die seit 2015 weggefallen sind: | 757 |
2. Anzahl der angestellten Ärztinnen und Ärzte im Jahr 2014: | 1.314 |
3. Anzahl der angestellten Ärztinnen und Ärzte im Jahr 2021: | 4.679 |
4. Anteil der Ärztinnen und Ärzte (und Psychotherapeut*innen), die im Jahr 2014 in Teilzeit arbeiteten: | 8% |
5. Anteil der Ärztinnen und Ärzte (und Psychotherapeut*innen), die im Jahr 2021 in Teilzeit arbeiteten: | 18% |
6. Anzahl der MVZ in Ba.-Wü. im Jahr 2015: | 158 |
7. Anzahl der MVZ in Ba.-Wü. im Jahr 2021: | 258 |
8. Anzahl der „Großpraxen“ mit mehr als 5 Ärztinnen und Ärzten (und Psychotherapeut*innen) im Jahr 2011: | 102 |
9. Anzahl der „Großpraxen“ mit mehr als 5 Ärztinnen und Ärzten (und Psychotherapeut*innen) im Jahr 2021: | 454 |
10. Aktueller Anteil der 7.058 Hausärztinnen und Hausärzte, die mindestens 60 Jahre alt sind: | 37% |
11. Aktueller Anteil der 7.058 Hausärztinnen und Hausärzte, die mindestens 65 Jahre alt sind: | 20% |
Quelle: KV Baden-Württemberg
Redaktion:
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