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15.06.2022

Templin als Blaupause für intersektorale Versorgung

Die Überwindung der Sektorengrenzen ist eine der größten Herausforderungen im deutschen Gesundheitswesen. Ein Projekt im brandenburgischen Templin zeigt, wie es gehen könnte.

Die Region in und um das brandenburgische Templin hat mit Problemen zu kämpfen, mit denen auch viele andere deutsche Regionen konfrontiert sind: Die demografische Entwicklung führt zu einem veränderten Versorgungsbedarf, frei werdende Arztsitze können nur schwer neu besetzt werden, es herrscht Fachkräftemangel in der Pflege, und das Krankenhaus ist nicht immer ausgelastet.
Wie lässt sich die Versorgungsstruktur so anpassen, dass der Bedarf in der Region gedeckt wird? Auf diese Frage könnte das Projekt IGiB-StimMT (Strukturmigration im Mittelbereich Templin) eine Antwort geben. Kürzlich wurde es vom Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) positiv bewertet.
Das bedeutet: Alle zentralen Akteure des deutschen Gesundheitswesens sind aufgefordert zu prüfen, wie die in Templin entwickelten Ansätze zur Versorgungsverbesserung in ländlichen, strukturschwachen Regionen genutzt werden können.

Ambulant-stationäres Zentrum am Klinikum

Brandenburgs Landesgesundheitsministerin Ursula Nonnemacher sieht das Projekt in Templin bereits als Blaupause für eine nachhaltige medizinische Versorgung in ländlichen Regionen. In Templin wurde dafür am örtlichen Sana Krankenhaus ein ambulant-stationäres Zentrum aufgebaut. Es soll die Versorgungskapazitäten aus den bislang getrennten Sektoren anpassen und miteinander verzahnen – fach-, aber auch einrichtungsübergreifend.
Die Vernetzung umfasst Arztpraxen, Krankenhaus und die pflegerische Versorgung. Am Krankenhaus wurden dafür unter anderem eine zentrale Notaufnahme für Patientinnen und Patienten mit unklaren Diagnosen, Verdachtsdiagnosen oder Versorgungserfor¬dernis¬sen, die über die ambulanten Möglichkeiten hinausgehen, sowie ein Koordinierungs- und Beratungszentrum etabliert.
Außerdem entwickelten die Projektteilnehmenden sektorenübergreifende Behandlungspfade bei Herzinsuffizienz, Rückenschmerz und Adipositas sowie eine strukturierte Harninkontinenz-Versorgung.

Stationäre Pädiatrie wurde Ende 2019 geschlossen

Besondere Herausforderung für das Projekt war die Schließung der stationären Pädiatrie Ende 2019. Daraufhin wurde ein zusätzlicher ambulanter Versorgungsauftrag erteilt. Verankert im Landeskrankenhausplan können seitdem Kinder im ambulant-stationären Zentrum auch teilstationär versorgt werden. Mit dem Krankenhaus in Eberswalde besteht die Möglichkeit für ein kinderärztliches Konsil via Telemedizin.
Das Projekt wurde vier Jahre lang erprobt, wissenschaftlich begleitet und mit insgesamt 14,5 Millionen Euro gefördert.
Ein weiterer Grund für den Erfolg: Neben der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Brandenburg und den Sana Kliniken Berlin-Brandenburg waren mit der AOK Nordost und der Barmer zwei große Krankenkassen unter den Initiatoren des Projekts.

15.06.2022

Sozial schwache Stadtteile im Fokus

Der Gesundheitskiosk in Hamburg-Billstedt dient der Beratung über Gesundheitsthemen und entlastet damit unter anderem die Arztpraxen in diesem Stadtteil. Nach dem Hamburger Vorbild entstehen in Nordrhein-Westfalen weitere Gesundheitskioske.

Der Hamburger Stadtteil Billstedt ist von einer geringeren Dichte bei der ärztlichen Versorgung geprägt als andere Stadtteile der Metropole, und die meisten Praxen, die hier angesiedelt sind, sind sehr stark beansprucht. Besondere Herausforderungen für die Praxen kann es bei der Behandlung aufgrund von Verständigungsproblemen geben: Einige ihrer Patientinnen und Patienten verfügen über nur geringe Deutschkenntnisse und sind mit Gesundheitsfragen wenig vertraut.

An dieser Stelle kommt das Projekt INVEST Billstedt/Horn ins Spiel, das in diesem Jahr vom Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) für die Regelversorgung empfohlen wurde. Es gilt als Prototyp für eine integrierte gesundheitliche Vollversorgung in sozial benachteiligten städtischen Gebieten. Um die Versorgung zu verbessern, setzt man im Hamburger Osten auf mehrsprachige und niedrigschwellige Beratungsangebote. Zu den Initiatoren zählt das Ärztenetz Billstedt-Horn, das die Praxen durch das zusätzliche Beratungsangebot entlastet sieht.

Zentral gelegener Gesundheitskiosk

Das Beratungsangebot soll die Menschen dabei unterstützen, sich gesund zu erhalten, lenkt sie in passende Versorgungsstrukturen und bietet zum Beispiel Sprechstunden durch die Krebsgesellschaft an. Den Weg in den Kiosk finden manche Menschen von allein, weil er zentral am Marktplatz liegt und es sich herumgesprochen hat, dass viele Migrantinnen und Migranten dort auch in ihrer Muttersprache beraten werden können. Andere kommen auf Überweisung durch die niedergelassene Ärzteschaft mit einem gezielten Beratungsauftrag.

Auch bei der Vernetzung der Sektoren unterstützt der Gesundheitskiosk, der mit Mitarbeitenden verschiedener Kliniken im Austausch steht. Sie ermitteln von Patienten, die bei ihnen stationär aufgenommen wurden und aus dem Stadtteil Billstedt kommen, das Risiko einer erneuten stationären Aufnahme und leiten diese Daten – mit Einwilligung der Betroffenen – an den Gesundheitskiosk weiter. Diese Informationen helfen bei einer vorbeugenden Beratung.
Inzwischen sind in Anlehnung an das Hamburger Vorbild weitere Gesundheitskioske in Aachen und Essen eingerichtet worden. Die beiden nächsten sollen in Nordrhein-Westfalen folgen.

15.06.2022

Wenige Fälle von Fehlverhalten

Bei der „Stelle zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen“ der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) sind in den beiden Jahren 2020 und 2021 insgesamt 51 Hinweise auf mögliches Fehlverhalten von Mitgliedern der KV eingegangen. In 22 dieser Fälle wurde eine Pflichtverletzung nachgewiesen. Der dadurch verursachte mutmaßliche Schaden belief sich laut KV auf rund 1,3 Millionen Euro. In 19 Fällen konnte die KV keinen Verstoß gegen vertragsärztliche Pflichten feststellen, einige Verfahren sind aber noch nicht abgeschlossen.
Zu den untersuchten Fällen zählten etwa die doppelte Abrechnung von einmal erbrachten Leistungen, das Ausstellen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ohne Patientenkontakt oder die Durchführung von Leistungen durch Assistenzkräfte auf Weisung einer ermächtigten Person im ärztlichen Dienst.
Seit Juli 2021 muss die KV nach der Coronavirus-Testverordnung die Staatsanwaltschaft unterrichten, wenn ein Anfangsverdacht auf strafbare Handlungen durch Betreibende von Corona-Testzentren besteht. Die KV hat im Zusammenhang mit Unregelmäßigkeiten zu diesem Thema fünf Strafanzeigen erstattet. In 16 Ermittlungsverfahren hat sie die Staatsanwaltschaft unterstützt. Vertragsärzte als Betreibende sind bisher nicht betroffen.

15.06.2022

Zuschläge für ausgewählte Leistungen bleiben möglich

KV und Krankenkassen in Baden-Württemberg können auch künftig bestimmte Leistungen fördern und mit Honorarzuschlägen versehen. Ein entsprechendes Urteil des Landessozialgerichts hat auch Auswirkungen auf andere Bundesländer.
Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) in Bonn hatte einen Honorarvertrag zwischen KV und Krankenkassen, der diese Zuschläge vorsieht, beanstandet. Die Vertragsparteien hatten sich auf ein Paket förderungswürdiger Leistungen im Umfang von rund 75 Millionen Euro verständigt.
Die geförderten Leistungen reichten von der Substitution über den hausärztlich-geriatrischen Betreuungskomplex bis hin zum Besuch im Pflegeheim. Gegen die Beanstandung hatten sich die KV, die AOK Baden-Württemberg und der BKK Landesverband Süd gemeinsam zur Wehr gesetzt.

Redaktion:
Springer Medizin, Postfach 21 31, 63243 Neu-Isenburg, Hauke Gerlof (V. i. S. d. P.)

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