Aktien, Volkswirtschaft / Geldpolitik – 25.10.2024
Die wichtigsten Fakten:
Im Hinblick auf die US-Präsidentschaftswahl hat es in den vergangenen Monaten sowohl aufseiten der Demokraten als auch der Republikaner eine beträchtliche Anzahl wichtiger Entwicklungen gegeben. Seitens der Demokratischen Partei schied US-Präsident Joe Biden aus dem Rennen um die Präsidentschaft aus. An seiner statt wurde die amtierende US-Vizepräsidentin Kamala Harris zur Spitzenkandidatin gekürt, mit Tim Walz, Gouverneur des US-Bundesstaates Minnesota, als Favorit für die Vizepräsidentschaft. Auf republikanischer Seite kandidiert der ehemalige US-Präsident Donald Trump mit J. D. Vance, Senator aus Ohio, als möglichem Vizepräsidenten.
Wenige Wochen vor dem Wahltag am 5. November haben beide Parteien ihre Wahlkampfanstrengungen noch einmal verstärkt, insbesondere in den hart umkämpften Wechselwählerstaaten („Swing States“). Das Narrativ des Wahlkampfs wird weiterhin von Themen rund um die Inflation, das Haushaltsdefizit, kulturelle Ideologien und die Außenpolitik geprägt.
Aktuell erscheint als Wahlausgang eine „geteilte Regierung“ möglich, bei der die Präsidentin oder der Präsident nicht derselben Partei angehört, die die Mehrheit in einem oder beiden Häusern des Kongresses (Senat und Repräsentantenhaus) stellt, deren Mitglieder teilweise ebenfalls zur Wahl stehen. Im Rennen um die Präsidentschaft werden die Chancen von Trump und Harris mit 50:50 bewertet.
Sollte es wie bislang bei einem geteilten Kongress mit unterschiedlichen Mehrheiten in Senat und Repräsentantenhaus bleiben, ist es unwahrscheinlich, dass wichtige, transformative Gesetze verabschiedet werden. Hingegen würden Themen, die überparteiliche Verhandlungen und Vereinbarungen erfordern (z. B. Einwanderung, Reform der Genehmigungen für Energieinfrastrukturen, Chinapolitik und Lieferkettenprobleme), von einem geteilten Kongress profitieren.
Angesichts des wachsenden US-Haushaltsdefizits müssten die Präsidentschaftskandidaten ihre Fiskalpolitik entsprechend ausrichten. Sollte Trump zum Präsidenten gewählt werden, könnte er eine vollständige Verlängerung der Steuersenkungen von 2017 mit teilweisen fiskalischen Ausgleichszahlungen unterstützen. Harris hingegen könnte Steuersenkungen für die Mittelschicht beibehalten, die Reichen jedoch zusätzlich besteuern und zu einem höheren Körperschaftsteuersatz zurückkehren. Letztlich werden die Wirtschaftspolitik und die vorgeschlagenen Maßnahmen beider Kandidaten das wachsende Haushaltsdefizit wahrscheinlich noch verstärken, wobei unter einer Trump-Präsidentschaft mit einem höheren Defizit zu rechnen ist.
Für das Repräsentantenhaus gehen die aktuellen Konsensprognosen davon aus, dass von den 435 verfügbaren Sitzen 206 an Demokraten und 207 an Republikaner gehen; 22 Sitze gelten als unentschieden (davon 9 aktuelle Sitze der Demokraten und 13 der Republikaner). Was den Senat betrifft, so stehen 34 der 100 Sitze zur Wiederwahl. Derzeit kontrollieren die Demokraten unter Einbeziehung der aktuell 4 unabhängigen Senatoren den Senat mit 51 zu 49 Sitzen, wobei 28 Sitze der Demokraten und 38 Sitze der Republikaner nicht zur Wiederwahl stehen.
Die demokratische Variante: Harris-Walz
Seit Kamala Harris als Präsidentschaftskandidatin nominiert wurde, sind die Begeisterung und der Zusammenhalt innerhalb der demokratischen Basis gestiegen. Mit Tim Walz als Vizepräsidentschaftskandidat besteht eine Chance, die Basis noch weiter zu konsolidieren. Walz’ pragmatische und liberale Ansichten sowie seine Regierungsexpertise könnten in den „Swing States“ Michigan, Wisconsin und Pennsylvania hilfreich sein.
Trotz der positiven Dynamik und Zugkraft, die Harris’ Kampagne bisher hat, bleiben bis zum Wahltag noch viele Herausforderungen bestehen. Vizepräsidentin Harris müsste ihre Position in der Innen- und Außenpolitik klarstellen und deutliche Grenzen zwischen ihren früheren Erfahrungen als liberale Senatorin und ihrer jetzigen Unterstützung gemäßigterer Politik ziehen.
Insgesamt basiert das Programm von Harris-Walz auf der Schaffung einer „Care Economy“ (Fürsorge-Ökonomie) und der Ausweitung von Initiativen aus Bidens „Build Back Better“-Plan.
Demokratische Schlüsselpolitikfelder: Abtreibungsrechte, Ablehnung von Trumps „Projekt 2025“, Botschaft der „Hoffnung und Freude“, Wahlfreiheit.
Die republikanische Variante: Trump-Vance
Mit der Rede Trumps auf dem Parteitag der Republikaner im Juli hat sich eine deutliche Verschiebung ergeben: weg von einer auf Spaltung basierenden und hin zu einer auf Einheit der USA basierenden Haltung des ehemaligen Präsidenten. J. D. Vance’ politische Ansichten verstärken den „America First“-Ansatz der Republikaner, bringen jedoch keinen entscheidenden Vorteil in den „Swing States“, da Trumps Botschaften dort bereits fest verankert sind. Allerdings könnte Vance’ Anziehungskraft auf die jüngeren Wähler aus der Generation der Millennials in Fragen wie Wohnraum und sozialer Aufstieg den Republikanern weiteren Auftrieb verleihen.
Trumps geplante Ausweitung der individuellen Steuersenkungen und seine Politik zur Abschaffung der Steuern auf Sozialleistungen bergen das Risiko eines höheren US-Haushaltsdefizits und einer weiter steigenden Staatsverschuldung – trotz seiner angekündigten Absicht, diese zu reduzieren. Insgesamt wird erwartet, dass Trump und Vance eine strengere Kontrolle der illegalen Einwanderung einführen, auf Deregulierung setzen und sich auf die Einführung von Zöllen zur Verbesserung der inländischen Wettbewerbsfähigkeit konzentrieren werden.
Republikanische Schlüsselpolitikfelder: Einwanderungskontrolle, Wiederbelebung der Wirtschaft der amerikanischen Mittelschicht (ländliche/industrielle Regionen), „America First“-Agenda, Referendumswahl.
Arizona (AZ)
11 Sitze
Georgia (GA)
16 Sitze
Michigan (MI)
15 Sitze
Nevada (NV)
6 Sitze
Pennsylvania (PA)
19 Sitze
Wisconsin (WI)
10 Sitze
Die US-Wahlen 2024 sind ein kostspieliger und hart umkämpfter Wahlkampf. Ähnlich wie 2020 wird es auch diesmal wieder um 77 Stimmen im Wahlkollegium gehen, die sich auf die sechs wichtigsten „Swing States“ verteilen: Arizona, Georgia, Michigan, Nevada, Pennsylvania und Wisconsin. Wichtig zu beachten: Der Vorhersagewert von Umfragen steigt, je näher der Wahltermin rückt. Angesichts der knappen Mehrheiten bei den Kongress- und Präsidentschaftswahlen wird es jedoch immer schwieriger, Wahlergebnisse vorherzusagen.
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Redaktionsschluss: 27. September 2024, 15 Uhr