Volkswirtschaft – 11.11.22

Zwischen Inflation und Wachstum

Die wichtigsten Fakten:

  • Die Aussicht auf einen höheren US-Ziel-Leitzins als bislang angenommen hat die Anleger kalt erwischt.
  • Die Verbraucherpreisinflation in Europa und in den USA ist zuletzt höher ausgefallen als erwartet.
  • Die Arbeitslosenquote in der Eurozone ist zuletzt gesunken. Der Euro bleibt gegenüber dem US-Dollar schwach.

Quelle: tawatchai1990 / Adobe Stock

Schlechter Start in den November: Die jüngste Erholung an den globalen Aktienmärkten hat im Anschluss an die turnusmäßige Sitzung der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) ein jähes Ende gefunden. Fed-Chef Jerome Powell stellte klar, dass der Leitzins wohl weiter angehoben werden müsste als zunächst gedacht. Besonders zinssensible Aktienindizes wie der NASDAQ-100 setzten ihre Korrektur fort. Infolge des angepassten Zinsausblicks notierte die US-Technologiebörse nahe ihres Jahrestiefstand. Zwar erwarten die Marktteilnehmer aktuell, dass die Fed im Dezember ihre Leitzinsen nur noch um 50 statt erneut um 75 Basispunkte anheben wird, – dies könnte sich allerdings auch schnell wieder ändern: Sollten Daten zum Arbeitsmarkt oder insbesondere die Inflationsrate negativ überraschen, dürfte auch die Wahrscheinlichkeit für einen erneut „außergewöhnlich kräftigen“ Leitzinsschritt wieder steigen.

„Anhaltend hohe Inflation, steigende Zinsen – globale Konjunktur weiter unter Druck“

Steigende Löhne

Tatsächlich erweist sich der US-Arbeitsmarkt als sehr widerstandfähig. So wurden im Oktober außerhalb des Agrarsektors 261.000 neue Stellen geschaffen. Das waren weniger als im September, erwartet worden waren aber nur 200.000. Die Arbeitslosenquote kletterte zwar etwas überraschend von 3,5 Prozent auf 3,7 Prozent, gleichzeitig beschleunigte sich aber die Lohndynamik. Die durchschnittlichen Stundenlöhne legten um 0,4 Prozent gegenüber dem Vormonat stärker zu als prognostiziert (0,3 Prozent).

US-Arbeitsmarkt zeigt sich robust U3-Arbeitslosenquote* und Anstieg der Stundenlöhne in den USA ggü. Vj. * U3 umfasst alle Arbeitslosen in Prozent der zivilen Erwerbspersonen (offizielle Quote).

Quelle: Deutsche Bank AG, Bloomberg Finance L.P.; Stand: 26. Oktober 2022. Die bisherige Wertentwicklung lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu. Die Wertentwicklung bezieht sich auf einen Nominalwert, der auf Kursgewinnen/-verlusten beruht und die Inflation nicht berücksichtigt. Die Inflation wirkt sich negativ auf die Kaufkraft dieses nominalen Geldwerts aus. Je nach aktuellem Inflationsniveau kann dies zu einem realen Wertverlust führen, selbst wenn die nominale Wertentwicklung der Anlage positiv ist.

Der Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor in den USA gab im Oktober hingegen kräftiger nach als erwartet. Das Stimmungsbarometer signalisiert mit 54,4 Punkten aber immer noch eine Ausweitung der wirtschaftlichen Tätigkeit. Der Schwellenwert beträgt 50 Punkte. Wichtiger aber unter Inflationsgesichtspunkten ist die Preiskomponente des Index. Die stieg nach fünf Monaten mit Rückgängen in Folge im Oktober nun um 2,0 auf 70,7 Punkte – ein Indiz dafür, dass vor allem die Kerninflationsrate weiter erhöht bleiben könnte. Im September hatte die Rate mit einem Plus von 6,6 Prozent statt der prognostizierten 6,3 Prozent ein 40-Jahreshoch erklommen.

Hohe Inflation

Noch schwieriger erscheint die Lage in der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion. Dort beschleunigte sich einer ersten Schätzung zufolge die Verbraucherpreisinflation im Oktober auf den Rekordwert von 10,7 Prozent. Auch die Kerninflationsrate verzeichnete mit 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr ein Allzeithoch. Die anschließende Reaktion an den Staatsanleihemärkten war programmiert: Die Renditen zogen wieder moderat an, obwohl zuvor der Rat der Europäischen Zentralbank vorsichtigere Schritte bei den kommenden Zinsentscheidungen angedeutet hatte. Für den weiteren Leitzinspfad dürfte entscheidend sein, ob die Verbraucherpreisinflation im November gegenüber Vorjahr erneut höher liegt oder ob die Spitze des Preisdrucks inzwischen erreicht wurde.

Unterdessen sank die Arbeitslosenquote in der Eurozone von 6,7 Prozent im August auf 6,6 Prozent im September. Unter den größeren Mitgliedsstaaten in der Eurozone ging die Arbeitslosigkeit in Frankreich mit rund 60.000 Menschen am stärksten zurück, während sie in Deutschland, Italien und Spanien nahezu unverändert blieb. Spanien verzeichnet weiterhin mit 12,7 Prozent eine Arbeitslosenquote, die über dem Niveau anderer EU-Länder liegt. Die Gemeinschaftswährung verlor zuletzt gegenüber der US-Währung wieder an Boden und notierte unterhalb der Marke von 0,98 Euro je US-Dollar. Unter anderem stützte die Aussicht auf einen höher als zuvor erwarteten Ziel-Leitzins in den USA den Greenback.

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Redaktionsschluss: 04.11.2022, 18 Uhr

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