Geldanlage

Meine 12 Prognosen für 2024

Wir glauben, dass 2024 ein gutes Investmentjahr wird. Trotz aller aktuellen Herausforderungen sollten Anleger den Märkten weiterhin vertrauen – wobei ein aktives Risikomanagement von entscheidender Bedeutung bleibt.

Von Dr. Ulrich Stephan, Chefanlagestratege Deutschland

Keine Zeit, um nichts zu tun

Wir glauben, dass 2024 ein gutes Investmentjahr wird – trotz aller wirtschaftlichen, geopolitischen und klimatischen Herausforderungen sollten Anleger den Märkten weiterhin vertrauen. Ein aktives Risikomanagement wird jedoch entscheidend bleiben.

Gegenwärtig wird von Marktteilnehmern eine Debatte über das wahrscheinliche Ausmaß und den Zeitpunkt künftiger geldpolitischer Lockerungen geführt. Auf sich diesbezüglich ändernde An- und Aussichten dürften die Märkte auch künftig empfindlich reagieren. Allerdings bleibt es wichtig, über die unmittelbaren Marktentwicklungen hinaus auch auf die wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen zu blicken – und zu antizipieren, welche Auswirkungen diese bezüglich ihrer Marktbewertungen haben könnten. Im Fokus der Marktteilnehmer dürfte auch 2024 das Thema Wirtschaftswachstum stehen.

Wir rechnen in den kommenden Quartalen mit einer sich verlangsamenden Konjunkturentwicklung, da die angespannten Finanzkonditionen zunehmend auf dem Wachstum zu lasten scheinen. Im späteren Jahresverlauf sollte dann jedoch eine gewisse konjunkturelle Erholung wahrscheinlich sein.

Mit Blick auf die einzelnen Anlageklassen dürften sich interessante Möglichkeiten für Anleger ergeben. In Erwartung einer langsam abnehmenden Inflation sowie nur begrenzter Zinssenkungen in den USA und der Eurozone, dürften festverzinsliche Wertpapiere wieder eine interessante Anlageklasse für Anleger sein. Unternehmenspapiere guter Bonität beispielsweise könnten von ihren hohen Renditen, dem überschaubaren Angebot und den immer noch guten Fundamentaldaten der Unternehmen profitieren. An den Aktienmärkten könnte ein wahrscheinlicher begrenzter Rückgang der Zinsen auf unterschiedliche Weise interpretiert werden. Sofern er als Symptom für die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit angesehen wird und nicht als Ausdruck für hartnäckige Inflationsängste, dürften die Auswirkungen auf die Anlageklasse grundsätzlich positiv sein – unter der Voraussetzung, dass die erwartete Konjunkturabschwächung nicht zu stark oder langanhaltend ist.

Insgesamt sollten Anleger sich auch auf jene Risiken und Chancen einstellen, welche sich aus dem anhaltenden wirtschaftlichen Strukturwandel ergeben. Die Technologie ist sowohl ein zukünftiger Treiber dieses Wandels als auch ein aktueller Investitionsschwerpunkt, da Anleger versuchen, längerfristige Trends zu antizipieren. Auch Umweltbelange zwingen uns dazu, den wirtschaftlichen Status quo zu überdenken und zu überlegen, wie der Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft zu bewältigen und zu finanzieren ist.

Ich hoffe, dass unsere Prognosen zum Anlagejahr 2024 für Sie eine nützliche Analyse der Themen bieten, die Sie als Anleger sowohl kurz- als auch längerfristig betreffen könnten. Im Umfeld der unmittelbaren Herausforderungen und des langfristigen strukturellen wirtschaftlichen Wandels wird es dabei immer wichtiger werden, Ihr Portfolio sorgfältig zu verwalten und Anlagerisiken aktiv zu managen. Ich wünsche Ihnen dabei auch 2024 viel Erfolg und ein friedliches neues Jahr.

Politisches Umfeld: Wahlen, Wandel & Wettbewerb

2024: das größte Wahljahr der Geschichte

Durch den Wettstreit zwischen China und den USA um die technologische Führerschaft in der Welt hat sich die globale Aufgabenteilung bis zu einem gewissen Grad in einen Wettbewerb um Ressourcen gewandelt – von Rohstoffen und Bildung bis hin zu geistigem Eigentum. Dadurch wird die Widerstandsfähigkeit der weltweiten Lieferketten gefährdet. Während die USA versuchen, ihren Vorsprung im IT-Bereich und die Kontrolle über ihre kritische Infrastruktur zu verteidigen, unternimmt China große Anstrengungen, um seine globale Führungsposition in Bereichen wie erneuerbare Energien, Batterien und E-Mobilität auszubauen. Diese Spannungen führen gemeinsam mit anderen Konflikten zu Bestrebungen nach neuen internationalen Allianzen und Abkommen. Seit 2017 ist seitens der USA eine Verschiebung der Handelsströme zu beobachten, begleitet von Handelsinterventionen wie Aus- oder Einfuhrbeschränkungen.

„Neue Handelsabkommen werden geschlossen, jedoch – anders als in früheren Zeiten – weniger auf multi- als auf bilateraler Ebene.“

Neue Handelsabkommen werden geschlossen, jedoch weniger auf multi- als auf bilateraler Ebene. „Near- und Friendshoring“ heißen die neuen wirtschaftspolitischen Waffen im Kampf um die Gunst verlässlicher Partner. Dadurch entstehen neue Interessenbeziehungen auf unterschiedlichen Ebenen. Exportorientierte Volkswirtschaften wie Deutschland und Japan dürften stärker von Sanktionen und Lieferkettenproblemen betroffen sein als starke Binnenmärkte wie die USA oder China. Die europäischen Länder müssen daher enger zusammenrücken und gemeinsam handeln, um als relevanter globaler Machtfaktor wahrgenommen zu werden.

Wirtschaft: Investieren hat Potenzial

Wirtschaft: Investieren hat Potenzial

Zu den großen Herausforderungen der Volkswirtschaften weltweit gehört es, auch in Zukunft noch nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum zu generieren. Viele Billionen US-Dollar werden dafür in den kommenden Jahren investiert. „Nachhaltig“ bedeutet dabei nicht nur langfristig, sondern ganz explizit auch im Sinne eines ESG-Ansatzes, also im Einklang mit Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekten. Beispiele für entsprechende Investitionsprogramme sind der Inflation Reduction Act in den USA sowie der Aufbaufonds NextGenerationEU in Europa – investiert wird jedoch in vielen Regionen der Welt. Auch aufgrund der umfangreichen Investitionsprogramme erwarten wir für 2024 in keiner der großen Wirtschaftsregionen eine Rezession. Für die Eurozone rechnen wir über das Gesamtjahr betrachtet mit einem Wachstumsplus von 0,7 Prozent, in Deutschland sogar von 0,9 Prozent. Letzteres liegt über unseren Erwartungen für die USA, die wir bei 0,8 Prozent sehen. 

„Auch aufgrund der umfangreichen Investitionsprogramme erwarten wir für 2024 in keiner der großen Wirtschaftsregionen eine Rezession.“

Denn dort könnten die kommenden Quartale durch die nachlaufenden Effekte der vor rund eineinhalb Jahren begonnenen Zinserhöhungen belastet werden, bevor in der zweiten Jahreshälfte 2024 mit einer Erholung zu rechnen ist. Asien bleibt der globale Wachstumsmotor, zum Beispiel mit Indien mit rund 6 Prozent und China mit um die 5 Prozent erwartetem Wachstum. Durchaus überraschen könnte Japan: Unsere Wachstumsprognose für das Land der aufgehenden Sonne für 2024 ist mit 1,0 Prozent eine der höchsten unter den Industrieländern.

Inflation: Etappensieg

Inflation: Etappensieg

Aktuell sehen wir kaum Anzeichen dafür, dass sich der Preisdruck in den von erhöhten Inflationsraten betroffenen Regionen in absehbarer Zeit deutlich abschwächen dürfte. Zwar könnten Zentralbanken wie die US-amerikanische Federal Reserve (Fed) und die Europäische Zentralbank (EZB) ihre jeweilige Geldpolitik insgesamt wieder etwas lockerer gestalten. Eine Rückkehr der Leitzinsen auf die sehr niedrigen Niveaus der Vergangenheit dürfte es aber auch über 2024 hinaus nicht geben. Für die USA prognostizieren wir für das Gesamtjahr 2024 eine Inflationsrate von 2,8 Prozent. Sollte der US-Wirtschaft eine weiche Landung gelingen, also eine Abschwächung der wirtschaftlichen Dynamik ohne das Abrutschen in eine Rezession, könnte es zu ersten Leitzinssenkungen der Fed im Juni 2024 kommen. In Europa rechnen wir mit einem grundsätzlich ähnlichen geldpolitischen Trend. Für 2024 prognostizieren wir eine Teuerung von 2,9 Prozent in der Eurozone und 3,2 Prozent in Deutschland. Japan hat mit prognostizierten 3,2 Prozent im Gesamtjahr 2023 und 2,3 Prozent 2024 ein weniger stark ausgeprägtes Inflationsproblem. 

„Aktuell sehen wir kaum Anzeichen dafür, dass sich der Preisdruck in den von erhöhten Inflationsraten betroffenen Regionen in absehbarer Zeit deutlich abschwächen dürfte.“

Dort ist man eher froh, dass die Inflation nach Jahrzehnten wieder zurückgekehrt ist. Die japanische Notenbank dürfte 2024 den Leitzins zum ersten Mal seit dem Jahr 2016 wieder über die Null-Prozent-Schwelle auf 0,25 Prozent anheben. Über alle Regionen hinweg könnte sich die Transformation hin zu einer grünen Wirtschaft langfristig inflationstreibend auswirken. Denn der nachhaltige Wandel dürfte zu einer erhöhten Rohstoffnachfrage und Preissteigerungen, etwa bei Industriemetallen, führen. Dabei scheint vor allem die expansive Fiskalpolitik vieler Staaten eine bedeutende Rolle zu spielen. 

Renten: vom realen Risiko zur realen Rendite

Real- und Nominalrenditen deutlich gestiegen

Aufgrund gesunkener Inflationsraten und gestiegener Zinsen ist durch die wiedererlangte Attraktivität der Assetklasse Anleihen das Anlageuniversum wieder vollständig – und dürfte dies auf absehbare Zeit auch bleiben. Grund zur Freude bietet potenziellen Rentenanlegern die Entwicklung der Realzinsen, also der Verzinsung nach Einbeziehung der Inflation, die für alle bedeutenden Rentenmarktsegmente zum Teil wieder deutlich im positiven Bereich liegt. Für 2024 erwarten wir mittlere bis hohe einstellige prozentuale Wertzuwächse für die meisten Rentenmärkte weltweit. Dabei dürften Unternehmensanleihen insgesamt interessanter sein als Staatsanleihen, zumindest solche Papiere mit guter Bonität (Investment Grade, IG). Regional betrachtet bieten US-Anleihen einen Renditevorteil gegenüber dem europäischen Markt. Aufgrund möglicher Währungsrisiken favorisieren wir für 2024 jedoch Euro-IG-Unternehmensanleihen, die nach wie vor – ähnlich wie ihre US-Pendants – über gute Fundamentaldaten verfügen. 

„Unser Favorit für 2024 sind Euro-IG-Unternehmensanleihen, die über gute Fundamentaldaten verfügen.“

Die Unternehmensanleihemärkte der Schwellenländer sollten weitestgehend abhängig von China bleiben. Das moderate Wachstum der Wirtschaftssupermacht und geringe Inflationsraten dürften für relative Ruhe in diesem Bereich sorgen. Im hochverzinslichen (HY) Segment könnte sich der hohe Anteil von chinesischen Immobilienentwicklern und Banken aber als Störfaktor erweisen.

Währungen: viel Lärm um nichts

US-Dollar profitiert von erhöhtem US-Zinsumfeld

Ähnlich wie 2023 dürfte es auch 2024 beim wichtigsten Währungspaar weltweit vergleichsweise ruhig bleiben: Wir erwarten den Euro/US-Dollar-Kurs zum Jahresende 2024 unter moderaten Schwankungen bei 1,10 US-Dollar je Euro. Einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung verschiedener Währungspaare dürften die geldpolitischen Entscheidungen der jeweiligen Notenbanken beziehungsweise die diesbezüglichen Erwartungen der Marktteilnehmer behalten. Wir erwarten, dass sich die Zinsdifferenz (Spread) zwischen 2-jährigen Bundesanleihen und US-Treasuries im Zuge der tendenziell parallel laufenden Zinszyklen in den USA und der Eurozone nicht wesentlich verändern dürfte.

„Einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung verschiedener Währungspaare dürften wie auch 2023 die geld-politischen Entscheidungen der jeweiligen Notenbanken haben.“

 Zwischenzeitlich gestärkt werden könnte der Greenback in seiner Funktion als „sicherer Hafen“ durch die Zunahme geopolitischer Krisen. Ein stärkerer Euro könnte problematisch werden, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) zur Bekämpfung länger anhaltender, erhöhter Inflationsraten ihre Geldpolitik restriktiver gestaltet als die US-Notenbank Fed – etwa aufgrund von Zweitrundeneffekten wie deutlichen Lohnerhöhungen in Europa. Der japanische Yen könnte zur Stärke tendieren, wenn die Bank of Japan (BoJ) wie erwartet ihren Leitzins leicht anheben sollte. Der chinesische Renminbi sollte sich 2024 gegenüber anderen bedeutenden Währungen relativ robust zeigen, zumindest dann, wenn China – wie erwartet – mit rund 5 Prozent ein sich wieder stabilisierendes Wachstum deutlich über dem globalen Durchschnitt aufweisen kann.

Aktien: wertvolles Wachstum

Aktien: wertvolles Wachstum

Moderates Wirtschaftswachstum, sinkende Inflation und die Aussicht auf Zinssenkungen durch die Notenbanken – für die Aktienmärkte dürfte das Wirtschaftsumfeld 2024 insgesamt positiv bleiben. Auch da die Historie zeigt, dass die Gewinne der Unternehmen außerhalb von Rezessionsphasen nur sehr selten sinken. Für 2024 rechnen wir mit einem globalen Wachstum von 10 Prozent beim Gewinn pro Aktie, in den USA mit niedrigen zweistelligen und in Europa mit höheren einstelligen prozentualen Unternehmensgewinnsteigerungen. Insgesamt sehen wir dadurch für 2024 interessantes Kurspotenzial in den bedeutenden Märkten. In Anbetracht der Erwartung langfristig erhöhter Zinsniveaus in den USA und Europa dürfte es jedoch nicht zu einer größeren Ausweitung der Bewertungen kommen, wodurch sich das Kurspotenzial auf Indexebene in etwa im Einklang mit den jeweiligen Gewinnerwartungen entwickeln dürfte. 

„Ein „Heißlaufen“ der Aktienmärkte ist grundsätzlich nicht zu erkennen. Im Gegenteil: Wir sehen auch für 2024 interessantes Kurspotenzial in den bedeutenden Regionen.“

Auf regionaler Ebene scheinen die USA trotz hoher Bewertungen der interessanteste Markt für Aktienanleger zu sein, auch wenn im Zuge der erwarteten Konjunkturverlangsamung in den kommenden Monaten zunächst noch eine gewisse Zurückhaltung angebracht sein könnte. Der europäische Aktienmarkt erscheint uns, auch aufgrund vergleichsweise niedriger Bewertungen, einen genaueren Blick wert. Für Anleger auf der Suche nach einem Asien-Engagement bietet sich neben China, wo wir im Umfeld günstiger Bewertungen für 2024 ein hohes Gewinnwachstum erwarten – allerdings auch eine hohe Sensibilität gegenüber geopolitischen Risiken sehen –, vor allem Japan als weniger risikobehaftete Alternative an. Indien bleibt etwas für Anleger mit einem langen Investmenthorizont.

Sektoren: Tech ist eine Bank

Wo das Wachstum zu finden ist

Im Umfeld eines schwachen globalen Wirtschaftswachstums könnten für entsprechend risikobereite Anleger Wachstumsaktien in den Fokus rücken, also solche, die es regelmäßig schaffen, überdurchschnittliches Gewinnwachstum zu erzielen. Regional betrachtet ist hierfür der US-Aktienmarkt besonders interessant dank seiner weltweit führenden Unternehmen aus den Bereichen IT, Kommunikationsdienstleistungen und Nicht-Basiskonsumgüter – zu denen auch E-Auto-Produzenten und Online-Versandhändler zählen. Allerdings hat diese Qualität ihren Preis: Die Bewertungen sind hoch – die Margen und Eigenkapitalrenditen allerdings ebenfalls. Daher könnte sich auch ein Blick auf die günstiger bewerteten europäischen Aktienmärkte anbieten – etwa auf entsprechende Industrietitel, Konzerne, die an der grünen Transformation der Wirtschaft beteiligt sind, oder den Luxusgütersektor. 

„Im Umfeld einer moderaten Konjunkturentwicklung dürften Wachstumsaktien in den Fokus rücken, also solche, die im Vergleich zum Gesamtmarkt überdurchschnittliche Gewinnerwartungen aufweisen.“

Auf ihre Watchlist könnten Anleger darüber hinaus Finanzwerte (Versicherungen und Banken) nehmen, allen voran in Europa und Japan. US-Banken sind dagegen verglichen mit der internationalen Konkurrenz bereits recht hoch bewertet und könnten zukünftig strenger reguliert werden. Weniger Kurspotenzial sehen wir insgesamt für defensive Sektoren wie Versorger, Healthcare oder Basiskonsumgüter. Aufgrund der gestiegenen Anleiherenditen könnte sich 2024 die Abwanderung aus diesen Aktiensegmenten fortsetzen – wobei stark zwischen einzelnen Unternehmen zu unterscheiden ist.

Rohstoffe: knappe Güter

Rohstoffe: knappe Güter

Die Ölmärkte sind momentan relativ ruhig – wir erwarten für die kommenden Monate eine Stabilisierung der Ölpreise auf erhöhtem Niveau. Vor allem die seit Frühjahr 2023 bestehenden freiwilligen Förderkürzungen der OPEC+-Staaten sollten die Notierungen mittelfristig unterstützen. Gleichzeitig erscheint es wenig wahrscheinlich, dass die USA ihre Produktion 2024 noch einmal ausweiten können. Auf der Nachfrageseite sind seit Herbst 2023 Rekordniveaus zu beobachten. Sollte es zu einer von uns erwarteten konjunkturellen Erholung in den USA in der zweiten Jahreshälfte 2024 kommen, dürfte diese die Ölnachfrage zusätzlich stützen. Unsere Preisprognose für die Sorte Brent liegt zum Jahresende 2024 bei 88 US-Dollar pro Barrel. Gold könnte seine Rolle als sicherer Hafen in wirtschaftlichen und politischen Krisenzeiten und daher seine Funktion als Absicherungsinstrument im Portfolio weiter bestätigen. 

„Mit dem erwarteten Ende der Zinsanhebungszyklen könnte der Goldpreis zusätzliches Potenzial aufweisen und als Beimischung im Portfolio eine Absicherungsfunktion übernehmen.“

Wir erwarten den Goldpreis zum Ende des Jahres 2024 daher bei 2.250 US-Dollar je Feinunze. An den Märkten für Industriemetalle wiederum dürften ein begrenztes Angebot und eine strukturell hohe Nachfrage 2024 die Preise unterstützen. Zudem bestimmt nach wie vor China als weltweit größter Nachfrager die Notierungen. Zwar ist die aktuelle wirtschaftliche Situation im Reich der Mitte eher mau. Eine für die Jahre 2024 und 2025 erwartete Belebung könnte jedoch zu weiterer Unterstützung zum Beispiel für den Kupferpreis führen, weshalb wir hier insgesamt Aufwärtspotenzial sehen.

Immobilien & Infrastruktur: feste Fundamente

Infrastrukturinvestments mit Inflationsschutz

Bei einem Gleichlauf von Aktien und Renten sollten alternative Investments wie Immobilien und Infrastruktur dem Portfolio hinzugefügt werden. Zwar hinterlassen die gestiegenen Zinsniveaus auf den internationalen Immobilienmärkten Bremsspuren. Da der Zinsanstieg bereits eingepreist ist, dürften die Immobilienmärkte ihren Aufwärtstrend wieder aufnehmen und sich im Jahr 2024 leicht erholen. Die Sektoren Wohnimmobilien und Logistik bieten besonders robuste Fundamentaldaten. Als eher schwach schätzen wir hingegen die Märkte für Einzelhandelsimmobilien abseits touristischer Hotspots sowie für Büroimmobilien, mit Ausnahme hochwertiger, energieeffizienter „Green Buildings“ in guten Lagen, ein. Bei Infrastrukturinvestments – deren laufende Erträge sich meist regelmäßig der Teuerung anpassen – liegen die Renditeerwartungen für nicht börsengehandelte Investments derzeit im niedrigen zweistelligen Prozentbereich. 

„Insbesondere in einem Umfeld erhöhter Inflationsraten können alternative Investments wie Immobilien oder Infrastruktur für einen interessanten Ausgleich im Portfolio sorgen.“

Einen Blick wert sein könnten zudem börsengehandelte Infrastruktur- und Immobilienunternehmen sowie REITs (Real Estate Investment Trusts). Entsprechende Investments verfügen über solide Gewinnerwartungen und werden aktuell mit Bewertungsabschlägen von bis zu 20 Prozent gegenüber dem breiten Aktienmarkt gehandelt.

ESG: Wir sitzen alle im selben Boot

ESG: Wir sitzen alle im selben Boot

Die Entwicklung von Aktien und Fonds etwa aus dem Bereich der erneuerbaren Energien war zuletzt oft enttäuschend. Daraus lassen sich drei Lehren für Investitionen im Jahr 2024 ziehen. Erstens: ESG-Investitionen sind von vielen der positiven und negativen Faktoren abhängig, die auch für Nicht-ESG-Investitionen gelten. In einigen Fällen kann der Gegenwind für ESG-Investitionen vorübergehend sogar stärker sein. Zweitens: Bei der Betrachtung von ESG-Investitionen sollte eine Makroperspektive eingenommen werden. Langfristig gesehen deutet die Marktentwicklung im Bereich der fossilen Brennstoffe immer noch auf eine Branche im Rückgang hin. Und drittens: Erneuerbare Energien und andere ESG-Investitionen sollten immer im Zusammenhang mit dem Prozess eines nachhaltigen Übergangs betrachtet werden – gar nicht mehr in kohlenwasserstoffbasierte Geschäftsmodelle zu investieren, kann diesen Übergangsprozess eher behindern als fördern. Denn an einem bestimmten Punkt kann es sowohl aus ökologischer als auch aus finanzieller Sicht sinnvoller sein, in bestehende Unternehmen zu investieren, die zwar nicht über ESG-Anlagen verfügen, sich aber zu Umweltverbesserungen und Kohlenstoffreduzierung verpflichtet haben. 

„Auch für Anleger wird das Thema ESG immer wichtiger, aber es muss nun zeigen, dass es den Investitionsanforderungen gerecht werden kann.“

Auch für Anleger wird das Thema ESG immer wichtiger, aber es muss nun zeigen, dass es den Investitionsanforderungen gerecht werden kann: die Portfoliorenditen zu verbessern und das Risiko zu managen. Dafür ist das Verständnis der ESG-Anlagecharakteristika nach wie vor der Schlüssel.

Risiko: Risiken der Risikoreduktion

Laut IWF könnte Neuordnung der Lieferketten Wachstum kosten

Störungen der globalen Lieferketten gehören zu den größten Risiken für den Welthandel sowie die Weltwirtschaft und damit auch für die Kapitalmärkte. Ein Schlagwort, das in diesem Zusammenhang häufig zu hören ist, heißt „De-Risking“, also die vermeintliche Verringerung von Handelsrisiken. Darunter fällt unter anderem die Verlagerung von Produktionskapazitäten ins eigene Land (Reshoring), in regional benachbarte Volkswirtschaften (Nearshoring) oder in solche Länder, mit denen man gute politische und wirtschaftliche Beziehungen pflegt (Friendshoring). Was auf den ersten Blick sinnvoll erscheint, könnte jedoch erhebliche Wachstumsverluste nach sich ziehen – für die betroffenen Volkswirtschaften ebenso wie für die gesamte Weltwirtschaft. Weitere Risikobereiche, die 2024 intensiv beobachtet werden sollten, sind die hohen Fiskalausgaben vieler Staaten und geopolitischen Herausforderungen. Zusätzliche Komplexität könnte durch die anstehenden Wahlen etwa in den USA, Indien, Taiwan oder der Europäischen Union entstehen – zumal in vielen Ländern innenpolitische Entwicklungen zunehmend Auswirkungen auf ihre jeweiligen außenpolitischen Entscheidungen zu haben scheinen. Während wir Anleihen aus Anlegersicht insgesamt konstruktiv einschätzen, dürfte das Geschehen an den Rentenmärkten weiterhin unter besonderer Beobachtung stehen. 

„Ein umfassendes Re- und Friendshoring würde erhebliche Wachstumsverluste nach sich ziehen – für die betroffenen Volkswirtschaften ebenso wie für die gesamte Weltwirtschaft.“

Die Ungewissheit über Details der künftigen Zinspfade der Fed und der EZB und die daraus resultierenden Anpassungen der Zinserwartungen der Marktteilnehmer sollten sich weiterhin auf die Preise unterschiedlicher Vermögenswerte auswirken.

Portfolio: Doppelchance

Portfolio: Doppelchance

In einer Wirtschaftswelt mit vergleichsweise geringem Wachstum sollten Anleger mehr denn je versuchen, jene Bereiche zu identifizieren, die überdurchschnittliches Potenzial zu bieten haben – auch wenn ein entsprechendes Anlagerisiko gemanagt werden muss. Darunter fallen vor allem Aktien – insbesondere solche aus Sektoren wie Technologie, Nicht-Basiskonsumgüter oder Kommunikationsdienstleistungen, also klassische Wachstumstitel. Ebenfalls interessant – gleichzeitig aber auch nicht minder schwankungsanfällig – erscheint uns aufgrund des bemerkenswerten Renditecomebacks der Anleihemarkt, allen voran Unternehmenspapiere guter Bonität aus Europa und den USA. Hinzu kommen alternative Anlagen wie Immobilien- und Infrastrukturinvestments. Mit Blick auf die Portfoliokonstruktion dürfte der Diversifizierung, also dem kontrollierten Eingehen möglichst vieler verschiedener Risiken, eine große Bedeutung zukommen. Dazu gehört unter Umständen auch eine ESG-Strategie, also die Berücksichtigung von Investments mit Fokus auf Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte. Eher als Absicherungsinstrument denn als Investment sehen wir Gold, das dem Portfolio daher nur in begrenztem Maße beigemischt werden sollte. 

„Statt einer allgemeinen Investitionszurückhaltung ist unseres Erachtens ein aktives und dynamisches Risikomanagement des Portfolios zu empfehlen.“

Die Vielzahl der geo- und wirtschaftspolitischen Risiken sollte Anleger 2024 insgesamt zur Vorsicht veranlassen – es ist jederzeit auch mit größeren Marktschwankungen zu rechnen. Dabei ist statt einer allgemeinen Investitionszurückhaltung unseres Erachtens jedoch vor allem ein aktives und dynamisches Risikomanagement des Portfolios unter Einbeziehung einer breiten Palette unterschiedlicher Assetklassen zu empfehlen.

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