21. November 2024
Angebotsschocks oder Zollerhöhungen führen nicht automatisch zu Inflation, die Berichtssaison zum dritten Quartal nähert sich in Europa dem Ende, und die neue Regierung Mexikos stellt ihren Haushaltsentwurf für das Jahr 2025 vor.
Führen Angebotsschocks oder Zollerhöhungen zu Inflation? Führen Deregulierung und Künstliche Intelligenz zu sinkenden Preisen? Die Antwort lautet jeweils Nein. Wenn während der Corona-Pandemie Chips für Fernseher fehlen, die Nachfrage aber hoch ist, oder wenn Ergometer gefragt sind, steigen deren Preise relativ zu denen anderer Güter, deren Nachfrage nicht gestiegen ist. Fehlende Halbleiter oder der Wunsch nach Ergometern erhöhen kaum die Preise von Lebensmitteln oder Möbeln. Steigende Profitmargen bei einigen Produkten erklären noch keine Inflation. Das Preisniveau ist der Durchschnitt aller Preise – und erst wenn dieses steigt, spricht man von Inflation. Das Problem: Wie kann man sich weiterhin alles leisten, wenn beispielsweise Fernseher teurer werden und alle anderen Preise gleich bleiben? Woher kommt das zusätzliche Geld? Bei einer Nachfrageelastizität von eins steigen die Preise, die Absatzmengen sinken und die Ausgaben bleiben gleich. Der Angebotsschock verursacht folglich nur dann Inflation, wenn er durch geld- oder fiskalpolitische Maßnahmen aufgefangen wird. Die Nachfrage wird durch fiskalische Expansion oder Geldmengenausweitung bedient. Diese Entwicklung wurde bereits in den 1970er Jahren nach dem Ölpreisschock erkannt. Die Notenbanken hatten infolge des Schocks die Nachfrage stimuliert und damit die hohe Inflation der Folgejahre ausgelöst, die sie dann wieder bekämpften. Was wird wohl nun passieren, da die Zinsen sinken und staatliche Ausgabeprogramme geplant werden?
Die Berichtssaison zum dritten Quartal nähert sich in Europa dem Ende – 282 von den 326 Unternehmen, die Zahlen präsentieren, haben ihre Bücher bereits geöffnet. Aktuell erwarten Analysten, dass Unternehmen aus dem Versorgungssektor ihre Gewinne im Vergleich zum Vorjahresquartal um 46 Prozent ausbauen und dabei die an sie im Vorfeld gestellten Gewinnerwartungen um 30 Prozent übertreffen könnten. Für Finanzwerte wird ein Gewinnplus von 26 Prozent erwartet, wobei die Gewinne um elf Prozent höher als die Markterwartungen ausfallen könnten. Seit Jahresbeginn haben Finanzwerte eine Wertentwicklung von 25 Prozent verzeichnet – bei den Versorgern waren es nur gut vier Prozent.
Finanzwerte sind mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von neun zudem weiterhin günstiger bewertet als Versorger mit zwölf und die Gewinnaussichten für die nächsten Quartale sind ebenfalls besser. Ich würde entsprechend in Europa weiterhin auf Finanzwerte setzen.
Die jährliche Inflationsrate im Vereinigten Königreich stieg im Oktober von 1,7 im Vormonat auf 2,3 Prozent – den höchsten Stand seit sechs Monaten. Den größten Beitrag zum Preisanstieg leisteten die Bereiche Wohnen und Haushaltsdienstleistungen. Vor allem der Preisrückgang bei Strom und Gas verlangsamte sich, was auf die Anhebung der Energiepreisobergrenze des Office of Gas and Electricity Markets (Ofgem) im vergangenen Monat zurückzuführen ist. Der Arbeitsmarkt zeigt indes erste Schwächeanzeichen: Die durchschnittliche Arbeitslosenquote der vergangenen drei Monate ist von 4,0 im August auf 4,3 Prozent im September gestiegen und das Bruttoinlandsprodukt ist im September im Vergleich zum Vormonat um 0,1 Prozent zurückgegangen. Die Schwäche am Arbeitsmarkt und die konjunkturelle Abkühlung dürften in naher Zukunft zu einem Rückgang der Kaufkraft führen, die wiederum die Nachfrage und damit den Preisdruck abschwächen könnte. Die an den Zinsterminmärkten eingepreisten zweieinhalb Leitzinssenkungen um je 0,25 Prozentpunkte für die nächsten zwölf Monate könnten sich entsprechend als zu konservativ erweisen.
Die neue Regierung Mexikos hat am vergangenen Freitag ihren Haushaltsentwurf für das Jahr 2025 vorgestellt: Das Defizit soll von derzeit 5,9 auf 3,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gesenkt und die Schuldenquote stabil bei 51,4 Prozent gehalten werden. Höhere Nettozinskosten und Subventionen – vor allem für den hoch verschuldeten staatlichen Energiekonzern – sollen durch steigende Steuereinnahmen und Ausgabenkürzungen, besonders bei Investitionen und Ausgaben der öffentlichen Verwaltung, mehr als ausgeglichen werden. Die Regierung basiert ihre Planung auf einem für 2025 erwarteten Wachstum von zwei bis drei Prozent – deutlich mehr als die vom Internationalen Währungsfonds prognostizierten 1,3 Prozent. Insofern könnten sich die erhofften Mehreinnahmen als zu optimistisch erweisen, wenn die Steuereintreibung nicht effektiver wird. Zusätzliche Ausgabenkürzungen und/oder Steuererhöhungen dürften sozialen Gegenwind erzeugen; eine schuldenfinanzierte Lockerung der Haushaltsdisziplin dürfte die Kapitalmarktzinsen auf hohem Niveau verstetigen. Zudem trägt das Risiko von Zöllen auf Exporte in die USA zur Zurückhaltung internationaler Investoren bei.
Nach dem Wahlsieg Donald Trumps stiegen die Renditen von US-Staatsanleihen – und es besteht weiteres Aufwärtspotenzial. Die Finanzmärkte erwarten zum einen eine stärkere Staatsverschuldung der USA und zum anderen eine höhere Inflation aufgrund von Zöllen. Die Leitzinsen dürften in den USA auf mittlere Sicht höher bleiben als zuletzt an den Märkten erwartet. Was das für Anleger bedeutet, erfahren Sie von mir im Gespräch mit Finanzjournalistin Jessica Schwarzer.
Im Laufe der Woche, Berichtssaison
Freitag
Vampirfledermäuse sind die einzigen Säugetiere, die sich ausschließlich von Blut ernähren, einem Stoff, der reich an Proteinen, aber arm an Fett und Kohlenhydraten ist. Wie können sie von dieser Kost leben? Giulia Rossi und Kenneth Welch von der Universität Toronto sind der Sache auf den Grund gegangen. Sie fingen 24 Vampirfledermäuse in einem Tropenwald in Belize, gaben ihnen Rinderblut zu trinken und steckten sie in ein Laufrad. Eine Atemanalyse während des unfreiwilligen Workouts ergab: Die Vampire können die Aminosäuren, aus denen die Proteine in ihrer Nahrung bestehen, direkt verbrennen. Sie wenden damit einen Trick an, den andere Säugetiere nicht beherrschen, wohl aber Moskitos und ähnliche blutsaugende Insekten. Offenbar haben Rossi und Welch einen Fall von paralleler Evolution entdeckt, bei der nicht näher verwandte Arten auf gleiche Weise ihr Überleben sichern.
Zeigen Sie heute Ihre Anpassungsfähigkeit.
Herzlichst
Ihr Ulrich Stephan
Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden
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