3. November 2025
Liebe Leserinnen und Leser,
Analysten bleiben bei China-Aktien zuversichtlich, KI und Rechenzentren dürften den US-Energieverbrauch ankurbeln, und die Unternehmen im S&P 500 legen starke Quartalszahlen vor.
China: Einkäufer zeigen sich verhalten
Der Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe in China ist stärker als erwartet um 0,8 Punkte auf 49,0 Punkte gefallen. Damit erreicht er ein Sechs-Monats-Tief und liegt wie im April auf dem schwächsten Niveau des Jahres. Die Produktion fiel erstmals seit sechs Monaten unter die Expansionsschwelle. Gleichzeitig fielen sowohl die Neuaufträge als auch die neuen Exportaufträge weiter in den kontraktiven Bereich. Der deutliche Rückgang dürfte für gewisse Besorgnis sorgen. Allerdings könnte die jüngste Deeskalation im Handelsstreit zwischen China und den USA zu einer Erholung bei der Auftragslage führen. Bislang wurde der schwache Index für das Verarbeitende Gewerbe weder von einer Schwäche bei realen Aktivitätsdaten noch von fallenden Aktienmärkten begleitet – in Euro gerechnet legte der CSI 300 seit April um fast 20 Prozent zu. Analysten passten ihre Gewinnerwartungen nach oben an und bleiben optimistisch: Für die kommenden zwölf Monate wird ein Wachstum von knapp zehn Prozent erwartet. Besonders chinesische Tech-Unternehmen, die vom aktuellen KI-Boom profitieren und weniger vom internationalen Handel abhängig sind, könnten für langfristig orientierte Anleger attraktive Anlagechancen bieten.
USA: Kehrtwende beim Energieverbrauch
In den USA wird erwartet, dass mit steigendem Strombedarf von Künstlicher Intelligenz und Rechenzentren der Energieverbrauch nach jahrzehntelanger Stagnation wieder in die Höhe getrieben wird. In den letzten zwei Jahrzehnten war der Gesamtenergieverbrauch in den USA um etwa vier Prozent gesunken. Dies war auf Effizienzsteigerungen und die Verlagerung von Produktionsstätten ins Ausland zurückzuführen. Gleichzeitig sanken die gesamtwirtschaftlichen Netto-Treibhausgas-Emissionen seit 2005 um etwa 17 Prozent, getrieben vom Energiesektor. Nun dürften das Datenzeitalter und die Rückverlagerung von Produktionsstätten ins US-Inland den inländischen Energieverbrauch ankurbeln. Die Nachfrage steigt parallel zu einer Lockerung von Regulierungen und der Klimapolitik, was die Nachfrage nach Öl und Raffinerieprodukten weiter steigern dürfte, einen neuen Wachstumszyklus für Erdgas auslösen und neue Chancen für Zukunftstechnologien eröffnen könnte.
Berichtssaison: US-Konzerne können überzeugen
Mehr als die Hälfte der S&P-500-Unternehmen, die insgesamt fast drei Viertel der Index-Marktkapitalisierung ausmachen, haben inzwischen ihre Zahlen für das abgelaufene Quartal vorgelegt. Die Ergebnisse sind stark: Knapp 80 Prozent übertrafen die Umsatzprognosen, bei den Gewinnen sind es sogar über 80 Prozent. Im Schnitt übertrafen die Unternehmen die Erwartungen bei den Gewinnen um rund acht Prozent; Kommunikationsdienstleister stachen mit 16 Prozent besonders hervor. Auch viele Tech-Schwergewichte legten gute Zahlen vor und erhöhten ihre Prognosen für cloud-bezogene Investitionen. Dies belastet zwar kurzfristig die Gewinne, gilt aber als Signal für eine weiterhin starke Nachfrage. Im zyklischen Konsum ist das Bild schwächer. Hier übertrafen bisher zwar zwei Drittel der Unternehmen die Gewinnerwartungen, das Gewinnwachstum ist jedoch niedrig. Sollten die verbleibenden US-Unternehmen in den kommenden Wochen wie von Analysten prognostiziert berichten, endet die Berichtssaison mit einem Umsatzplus von 7,5 Prozent und einem Gewinnanstieg von 12,5 Prozent. Ich sehe die starke Berichtssaison als nachhaltige Unterstützung für den US-Markt. Investoren sollten dabei jedoch die unterschiedliche Entwicklung der Sektoren genau im Blick behalten.
Dänemark: Optimismus mit Fragezeichen
Der Kopenhagener Leitindex OMX 20 hat in den vergangenen zwölf Monaten knapp 38 Prozent verloren. Dies lag vor allem an den Kursverlusten großer Unternehmen aus den Branchen Pharma und Energie sowie an negativen Anpassungen der Gewinnerwartungen. Positive Unternehmensnachrichten, Fusionen und Übernahmen, Umstrukturierungen sowie neue Produkteinführungen haben zuletzt jedoch zu mehr Optimismus unter den Analysten geführt: Nach ersten positiven Gewinnanpassungen im vergangenen Monat erwarten sie für den OMX 20 im Jahr 2026 nun ein hohes Gewinnwachstum von 18,4 Prozent pro Aktie. Dennoch bleibt der Index sehr konzentriert auf eine Handvoll Unternehmen und anfällig für globale Handelskonflikte. Anleger können am Gewinnwachstum teilhaben, sollten aber vor allem diejenigen Unternehmen beobachten, die in die Eurozone exportieren, da sie von den positiven Aussichten der Region und dem deutschen Konjunkturpaket profitieren dürften.
 USA–China: kurz vor Einigung? 
China und die USA haben sich im Handels- und Technologiestreit angenähert. Wird es diese Woche zu einer Lösung kommen? Außerdem sorgt eine starke Berichtssaison für Spannung an den Märkten, die Ölpreise reagieren auf die Sanktionen gegen Russland und Gold erfährt einen Rücksetzer. Was das für Wirtschaft und Märkte bedeutet, diskutiere ich mit der Finanzjournalistin Jessica Schwarzer in der aktuellen Folge von PERSPEKTIVEN To Go. 
Zahl des Tages: 50
Jessica Werthmann und Fritz Renner von der Universität Freiburg durften kürzlich einen Ig-Nobelpreis entgegennehmen: einen jährlich verliehenen Preis für wissenschaftliche Leistungen, „die Menschen zuerst zum Lachen, dann zum Nachdenken bringen“. Die Psychologen wurden für ein Experiment ausgezeichnet, mit dem sie zeigten, dass Alkohol die Aussprache in einer Fremdsprache verbessern kann. Dafür ließen sie 50 deutsche Muttersprachler, die gerade Niederländisch gelernt hatten, ein Gespräch in dieser Sprache führen – teils mit, teils ohne Schwips. Tatsächlich bewerteten niederländische Muttersprachler die Aussprache der leicht alkoholisierten Probanden besser als die der nüchternen. Ganz geheuer war den Forschern ihre Studie wohl selbst nicht: Sie betonen, dass ausschließlich sehr geringe Mengen Alkohol unter kontrollierten Bedingungen getestet wurden – und warnen vor Nachahmung.
Behalten Sie heute einen klaren Kopf.
Herzlichst
      Ihr Ulrich Stephan
Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden
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