In einem sehr schwierigen M&A-Markt stach im ersten Quartal ausgerechnet ein großer Deal aus der deutschen Gastronomiebranche hervor. Warum die Restaurantkette L’Osteria einen neuen Hauptgesellschafter gefunden hat und wie die Transaktion abgelaufen ist – ein Blick hinter die Kulissen.
Weltweit ist das M&A-Geschäft so schwach ins Jahr gestartet wie seit zehn Jahren nicht mehr. Praktisch quer durch alle Branchen und Regionen wurden prozentual deutlich zweistellige Rückgänge bei der Transaktionstätigkeit verzeichnet, auch in Deutschland. Da mutet es bemerkenswert an, dass ausgerechnet ein Unternehmen aus der Covid-gebeutelten Gastronomiebranche für eines der raren Highlights am deutschen M&A-Markt gesorgt hat: Im Januar verkündete die Restaurantkette L’Osteria den Einstieg des Finanzinvestors McWin, Ende März wurde die Transaktion abgeschlossen. Seitdem hält McWin 66 Prozent der Anteile, Verkäufer waren die beiden Gründer Klaus Rader und Friedemann Findeis, die jetzt noch den Rest der Anteile halten.
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Stephan von Vultejus, der gemeinsam mit einigen Kollegen des Corporate-Finance-Teams der Unternehmensbank der Deutschen Bank die Transaktion federführend beraten hat, hat eine klare Meinung, warum die Transaktion der L‘Osteria dem widrigen Marktumfeld trotzen konnte. „Wir haben dem Markt ein herausragend aufgestelltes Unternehmen präsentiert, das speziell während der Corona-Zeit – aber auch schon davor – so ziemlich alles richtig gemacht hat, was man richtig machen konnte. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist hervorragend und spricht viele Konsumenten an, so dass die Gesellschaft stark wächst und gut kapitalisiert ist. Als Corona ausbrach, hat die Unternehmensführung schnell das Geschäftsmodell adaptiert und einen Lieferservice aufgebaut. Dass die Strategie des Managements Früchte trägt, hat man klar erkennen können, so dass wir im Sommer 2022 zuversichtlich waren, mit der Investorenansprache beginnen und eine hohe Abschlusswahrscheinlichkeit erwarten zu können.“
„Wir haben dem Markt ein herausragend aufgestelltes Unternehmen präsentiert, das speziell während der Corona-Zeit – aber auch schon davor – so ziemlich alles richtig gemacht hat, was man richtig machen konnte.“
Stephan von Vultejus, Deutsche Bank
Die Investorensuche war ein lang geplanter Schritt. „Bereits 2018 haben unsere beiden Gründer beschlossen, dass sie gerne einen weiteren Gesellschafter mit hereinnehmen möchten, der speziell für die geplante Expansion ins Ausland Know-how einbringen kann“, erzählt Emanuel Zimmermann, CFO der L’Osteria. Der Ausbruch der Pandemie stoppte dieses Vorhaben zunächst, aber an den großen Plänen rüttelte dieses Ereignis nicht, im Gegenteil. Ende 2021, als gerade die erste Omikron-Welle aufkam, verabschiedete das Management einen Fünfjahresplan mit dem Kernelement, die Anzahl der Restaurants bis Ende 2026 zu verdoppeln.
Ende 2021 betrieb L’Osteria 152 Standorte, aktuell sind es 158, davon über 80 Prozent in Deutschland. Hierzulande sieht Zimmermann noch Potential für mindestens 100 weitere Standorte, aber ein nennenswerter Teil der Zuwächse soll auch in Frankreich, Großbritannien und Polen erzielt werden, wo das Unternehmen gerade dabei ist, erste Standorte zu eröffnen und die Grundlagen für eine breite Markterschließung zu legen. „Unser neuer Hauptgesellschafter McWin hat viele wertvolle Kontakte in diesen Ländern, zum Beispiel zu Vermietern und Finanzierungspartnern, die jetzt auch unserem Unternehmen zugute kommen werden“, glaubt Zimmermann.
„Bereits 2018 haben unsere beiden Gründer beschlossen, dass sie gerne einen weiteren Gesellschafter mit hereinnehmen möchten, der speziell für die geplante Expansion ins Ausland Know-how einbringen kann.“
Emanuel Zimmermann, CFO, L‘Osteria
Doch eine große Vision allein reicht gerade im aktuellen Marktumfeld nicht aus, um einen erfolgversprechenden M&A-Prozess zu starten. Selbst die Möglichkeit, sich mit einer Mehrheit oder Minderheit an der L’Osteria zu beteiligen, ließ den einen oder anderen Investor kalt, wie Stephan von Vultejus berichtet: „Es gab durchaus einige Adressen, die im Herbst 2022, als wir an den Markt gingen, die Zeit noch nicht gekommen sahen, um sich mit der Investition in eine Restaurantkette auseinanderzusetzen. Aber diejenigen, die sich in der Branche gut auskennen, haben schnell erkannt, was für eine Gelegenheit sich ihnen da bietet.“
Von Vorteil war, dass sich die Kennzahlen des Unternehmens, die sich schon während Covid erstaunlich resilient gezeigt hatten, weiter nach oben entwickelten. „Wir konnten in jedem Monat ohne Covid-Einschränkungen starke Wachstumsraten auch auf bestehender Fläche („like-for-like“) zeigen“, sagt Zimmermann. „Auch unsere Margen waren durchgehend stark, und wir haben uns klar besser entwickelt als der Wettbewerb. Spätestens Ende vergangenen Jahres, als die Menschen begannen, Corona hinter sich zu lassen, war für alle erkennbar, dass unser Unternehmen am Ende der Pandemie finanziell und strukturell noch besser aufgestellt war als zu ihrem Beginn.“
Im Jahr 2022 erwirtschaftete L’Osteria einen Markenumsatz von rund 390 Millionen Euro, der um 51 Prozent über dem von 2019 lag, und dies bei attraktiver EBITDA-Marge. Von Vultejus: „Diejenigen, die diese Zahlen richtig zu deuten wussten, sind in den Investorenprozess eingestiegen, so dass wir am Ende mehrere Parteien hatten, die gerne den Zuschlag bekommen hätten.“
Mit McWin ist ein Investor hinzugekommen, der gut 1 Milliarde Euro verwaltet und sich ausschließlich auf die Food-Branche konzentriert. Die Amerikaner sind neben der L’Osteria unter anderem auch an Burger King Deutschland sowie der Restaurantkette Dean & David beteiligt.
Dass sich ausgerechnet ein Finanzinvestor im M&A-Prozess der L’Osteria durchsetzen konnte, ist insofern überraschend, als dass Private-Equity-Investoren überdurchschnittlich stark von der momentanen Schwäche des M&A-Marktes betroffen sind – genauer gesagt von dem Faktor, der das Geschäft mit Fusionen & Übernahmen abgewürgt hat: die Zinswende. „Viele Finanzinvestoren, die auf attraktive Übernahmekredite angewiesen sind, leiden immer noch an den außergewöhnlichen Zinssteigerungen, denn dadurch rechnen sich viele Transaktionen aktuell nicht“, analysiert Danko Romanic, der für die Deutsche Bank als Firmenkundenbetreuer den Kunden L’Osteria begleitet und den M&A-Prozess mit entsprechend großem Interesse verfolgt hat.
Dass dieser Schwebezustand noch längere Zeit anhält, glaubt M&A-Spezialist von Vultejus nicht. „Im weiteren Jahresverlauf wird das M&A-Geschäft wieder anspringen“, zeigt er sich überzeugt.
Speziell mit Blick auf den deutschen Mittelstand führt er die nach wie vor rollende Nachfolgewelle als einen wesentlichen Grund dafür an. „Es gibt so viele ungelöste Nachfolgeregelungen, für die M&A-Prozesse in der Vorbereitung sind und auch dringend benötigt werden. Solche Situationen müssen früher oder später angepackt werden, und spätestens, wenn sich die Zinsen auf einem einigermaßen stabilen Niveau wieder einpendeln, wird das Geschäft wieder anspringen.“ Eine wesentliche Voraussetzung dafür sieht von Vultejus in dem Umstand, dass die Private-Equity-Branche unverändert über sehr viel noch nicht investiertes Kapital verfügt: „Das muss und wird bald wieder zum Arbeiten gebracht werden.“
Für L’Osteria-Finanzchef Zimmermann spielt die Lage am M&A-Markt bis auf weiteres aber keine Rolle mehr. Die neue Gesellschafterstruktur steht, und im Zuge des Eigentümerwechsels wurde das Eigenkapital der Gruppe weiter gestärkt, obwohl die Restaurantkette aus München auch davor nach Aussage des Finanzchefs über eine „sehr ordentliche Eigenkapitalquote“ verfügt hat. Jetzt gilt es, die nächsten Schritte zu gehen und sich in den größten Gastronomiemärkten Europas als neuer Herausforderer zu etablieren. „Wir blicken dem mit viel Zuversicht entgegen“, sagt Zimmermann.
04/2023,
Chefredaktion: Bastian Frien und Boris Karkowski (verantwortlich im Sinne des Presserechts). Autor: Michael Hedtstück. Der Inhalt gibt nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers (Deutsche Bank AG) wieder.