Wer seine Firma gut verkaufen möchte, muss sie gut präsentieren. Der Unternehmer muss alle Daten parat haben und Informationen offenlegen. Mit diesen Anforderungen ringen viele – das muss nicht sein.
Mit dem Zinsanstieg sind Finanzierungen teurer geworden. Das wirkt sich auch auf Unternehmensverkäufe aus. Die eigene Firma zum guten Preis zu veräußern ist längst nicht mehr so einfach wie noch vor eineinhalb Jahren. Käufer fordern mehr und zahlen weniger. Will der Unternehmer in diesem Umfeld den erwarteten Kaufpreis erzielen, muss er sein Lebenswerk rechtzeitig verkaufsfähig aufstellen. Vor dieser Aufgabe haben viele Respekt: Welche Zahlen müssen wie präsentiert werden, und worauf schauen Käufer besonders genau?
Aus Unsicherheit betreiben zahlreiche Unternehmer Vogel-Strauß-Politik und stecken den Kopf in den Sand. Mit dem Verkauf kann man sich schließlich auch später noch beschäftigen. Falsch: „Den Verkauf sollte man so früh wie möglich als strategische Option durchspielen“, erklärt Kai Giesel, Leiter Unternehmensnachfolge Deutschland bei der Deutschen Bank. Etwa sieben Jahre vor dem angestrebten Verkauf, das empfiehlt der Experte, sollte sich der Unternehmer mit seinen Beratern zusammensetzen, um Klarheit zu erlangen, wie gut die Firma aufgestellt ist und wo es Verbesserungspotenzial gibt. „Das ist immer wertstiftend“, betont Giesel.
Der lange Vorlauf ist notwendig, da ggf. steuerliche Fristen bedacht werden müssen und ein eventuell nötiger Umbau des Unternehmens erhebliche Zeit in Anspruch nimmt. Und was Giesel eher beiläufig einfließen lässt, ist gleich der nächste gute Rat an die Verkäufer: Der Unternehmer sollte sich bereits zu Beginn seiner Überlegungen weitere Unterstützung von außen holen – in Form externer Experten. Neben Steuerberater und Anwalt sollte ein M&A-Berater dezidiertes Transaktionswissen in den Prozess einbringen und die Firma beziehungsweise deren Kern-Assets vor dem Start der Gespräche mit etwaigen Käufern optimal positionieren.
„Den Verkauf sollte man so früh wie möglich als strategische Option durchspielen."
Kai Giesel, Leiter Unternehmensnachfolge Deutschland bei der Deutschen Bank
Nun kosten Berater Geld – und eben umso mehr davon, je früher sie in den Prozess involviert sind. Davor schrecken viele Verkäufer zurück. Giesel aber verdeutlicht: „Die Abschläge auf den Verkaufspreis, die durch mangelhafte oder verspätete Vorbereitung entstehen, werden immer höher sein als die Kosten eines Beraters.“ Entsprechend appelliert Giesel auch an seine Kollegen in der Firmenkundenbetreuung, die Unternehmer frühzeitig auf den Verkauf anzusprechen und ihnen die Option M&A-Beratung vorzustellen: „Das ist vielleicht eine anspruchsvolle Diskussion, sie muss aber geführt werden.“
Ist der Unternehmer (gemeinsam mit dem Berater) in den Denkprozess gestartet, geht es darum, „die Braut hübsch zu machen“ und gegenüber den Käufern die bestmögliche Verhandlungsposition zu erlangen. Wie gelingt das?
Daniel Schenk, Geschäftsführer der M&A-Transaktionsberatung Carl Finance, begleitet seit vielen Jahren Verkäufer. Für ihn stellt sich zunächst die Frage nach der Offenheit des Unternehmers für die Zusammenarbeit mit einem externen Experten: „Es braucht absolutes Vertrauen. Kein Blatt sollte zwischen Inhaber und Berater passen.“ Denn, das erläutert Schenk weiter, ein guter M&A-Berater arbeitet für den Unternehmer und seine Interessen – mit dem obersten Ziel, die Erwartungen zu übertreffen. Schenk gibt zu bedenken: „Je weniger ich an der Hand habe, desto weniger Wertschöpfung kann ich generieren.“
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„Je mehr Daten verfügbar sind, desto eher gelingt eine profunde und detaillierte Darstellung des Unternehmens."
Daniel Schenk, Geschäftsführer Carl Finance
Ist das Vertrauen da, startet die gemeinsame Arbeit mit dem größten Hebel in der Transaktion: den Unternehmensdaten – welche Werte sind vorhanden, wo liegen diese und kann mit den Zahlen gearbeitet werden? „Je mehr Daten verfügbar sind, desto eher gelingt eine profunde und detaillierte Darstellung des Unternehmens“, erläutert Schenk. „Damit reduziert sich die Unsicherheit für potenzielle Erwerber.“ Oft, berichtet der Experte, herrscht großes Durcheinander in den Daten und es muss erst einmal eine passende Lösung zur Erfassung implementiert werden. „Dann dauert es allein ein Jahr, bis Ergebnisse aufbereitet werden können.“ Schenk appelliert an die Unternehmer: „Käufer glauben auch die schönste Geschichte nur, wenn sie mit Daten belegbar ist.“ Dabei kommt es sowohl auf Finanzkennzahlen als auch auf operative Größen an. Der zusätzliche Vorteil für den Unternehmer: Er lernt nochmals viel über sein eigenes Unternehmen.
Hat man die Hoheit über die Daten einmal erlangt, kann man anhand dieser bewerten, wie die Geschichte des Unternehmens zu erzählen ist. Mitunter ergibt es Sinn, bestimmte Schwerpunkte der Geschäftstätigkeit stärker zu betonen – skalierbare, ausbaufähige Segmente. Außerdem liefern strukturierte Daten eine klare Antwort auf die Frage, wo in der Firma Veränderung einziehen muss. Geschäftsbereiche, die nicht mehr zukunftsfähig sind, lassen sich erkennen. Denn auch das gehört zur Wahrheit: Es gibt Fälle, in denen Schließungen einzelner Bereiche oder Abspaltungen sinnvoll sind und im Verkauf den entscheidenden Vorteil bringen. „Investoren wollen nicht selbst sanieren“, bestätigt Giesel.
Die zweite wichtige Aufgabe des Unternehmers im Vorfeld ist es, seine eigene Rolle kritisch zu betrachten. Welche Pläne hat er nach der Transaktion – will er sich komplett zurückziehen, interimsmäßig weiterarbeiten oder nach lange aktiv an Bord sein? Je nachdem, wie die Antwort ausfällt, muss auch die weitere Strategie skizziert sein.
Nicht immer zählt dabei allein der eigene Wunsch: Schenk beobachtet häufig, dass der Unternehmer zwar direkt nach dem Verkauf aussteigen will, es aber gar keine zweite Führungsebene gibt. „Das bezahlt er direkt, denn für die Interessenten gilt: Sind Kundenbeziehungen und Kultur vom Unternehmer abhängig, dann werden negative Konsequenzen eines plötzlichen Abgangs eingepreist.“ Umso wichtiger ist es also auch in diesem Punkt, einen Zeitpuffer zu haben, der es erlaubt, den Nachfolger aufzubauen oder neue Manager einzuarbeiten.
Ein weiteres entscheidendes Kriterium kann die Flexibilität hinsichtlich des Verkaufszeitpunktes sein. Giesel erklärt: „Will der Eigentümer zum 65. Geburtstag verkaufen, der Markt ist aber bereits drei Jahre zuvor fantastisch, sollte er sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen müssen, nur weil – beispielsweise – noch nicht alle Daten optimal aufbereitet sind.“ Wer zu lange wartet beziehungsweise wegen schlechter Vorbereitung warten muss, den bestraft mitunter die eingetrübte Marktlage. Das ist aktuell gut zu beobachten.
Halten wir fest: Der gelungene Unternehmensverkauf ist kein Hexenwerk – es kommt auf wenige, aber entscheidende Dinge an. Allem voran muss frühzeitig mit den entsprechenden Überlegungen begonnen werden. Der Verkauf ist ein Marathon, kein Sprint. Im Idealfall startet man in den Prozess gemeinsam mit einem M&A-Experten – und zwar in vertrauensvoller Zusammenarbeit bei voller Transparenz. Dann geht es vor allem um Antworten auf folgende Fragen: Wie gut sind die Daten, wie klar ist die Position des Unternehmers, wie flexibel ist der Verkaufszeitpunkt und wie erreicht man bestmöglich die Zielsetzungen des Unternehmers? Wird auf dieser Basis eine Strategie erarbeitet, hat der Unternehmer eine starke Verhandlungsposition gegenüber potenziellen Käufern – und übertrifft mitunter sogar früher formulierte Erwartungen.
06/2024
Chefredaktion: Bastian Frien und Boris Karkowski (verantwortlich im Sinne des Presserechts). Autor: Isabella-Alessa Bauer. Der Inhalt gibt nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers (Deutsche Bank AG) wieder.