Guter Rat ist teuer

Unternehmer können auf Corporate-Finance-Anwälte nicht verzichten. Aber wann ist rechtlicher Rat gut – und wann einfach nur teuer?

Quergelegter Paragraph

Rechtliche Ruhekissen kosten: Verträge werden zwar nur selten gerichtlich getestet, ohne sie schläft aber niemand ruhig. Bild: istock

Der Banker arbeitet für den Bonus, der Finanzinvestor für den Carry, der M&A-Berater für die Abschlussgebühr – und der Corporate-Finance-Anwalt? Für seine abrechenbaren Stunden. Weil Anwälte keine Erfolgsbeteiligung erhalten, sammelt sich von diesen „billable hours“ im Laufe einer Transaktion eine Menge an, siebenstellige Jahreseinkommen der Partner sind keine Seltenheit. Das schmerzt Unternehmer. Sie wünschen sich Juristen, die pragmatisch und kommerziell denken und fix arbeiten. Aber sie wollen sich auch gegen möglichst viele Risiken absichern. Um beides unter einen Hut zu kriegen, muss der Mandant einige Regeln befolgen.

Regel  Nr. 1

Den Richtigen aussuchen. Brauche ich den Spezialisten für die Nische oder den erfahrenen Verhandlungsführer? Anwälte sind ihr Geld vor allem wert, wenn sie Unternehmen bei strategisch wichtigen Fragen beraten können. Manchmal hilft aber auch der kleine Hinweis des Spezialisten, viel Geld zu sparen oder hohe Risiken zu vermeiden. Das ist den hohen Stundensatz wert.

Regel  Nr. 2

Das Wesentliche definieren. „Es wird regelmäßig viel Geld verschwendet für Rechtsrecherchen zu Themen, die für die Transaktion rückwirkend irrelevant waren“, sagt Andreas Richter, Partner bei der Kanzlei Poellath. Braucht ein Unternehmen für jede abstrakte Rechtsfrage eine juristisch wasserdichte Antwort? Oder reicht auch eine grobe Einschätzung des Juristen, um unternehmerisch beurteilen zu können, ob ein Risiko relevant ist oder nicht?

„Es wird regelmäßig viel Geld verschwendet für Rechtsrecherchen zu Themen, die für die Transaktion rückwirkend irrelevant waren.“

Andreas Richter, Poellath + Partner

Regel  Nr. 3

Auf Lösungen dringen. Natürlich können die Anwälte aller Parteien in unzähligen Arbeitsstunden Probleme entdecken, über einzelne Vertragsklauseln diskutieren und jedes potenzielle Risiko einer Transaktion einzeln definieren, mit Eintrittswahrscheinlichkeiten versehen und festlegen, wer im Schadensfall wie viel bezahlen muss. Andreas Richter findet eine pragmatischere Lösung zielführender: „Wesentliche Risiken erkennen, benennen und im Gesamtpreis entsprechend berücksichtigen“, lautet seine Handlungsmaxime. Eine Deckelung von Honoraren kann hier Wunder wirken.

Regel  Nr. 4 

Standards nutzen. Viele Tätigkeiten im Rechtswesen sind stark standardisiert. Dazu zählen auch weite Teile des Kreditvertrags. Durch Initiativen von Interessenverbänden wie der Loan Market Association (LMA) ist die Vertragserstellung heute viel Copy and Paste. Das gilt abgeschwächt auch für M&A-Verträge. Hierfür muss der Anwalt keine Arbeitsstunden in Rechnung stellen, sondern dem Kunden intelligente Legaltech-Lösungen präsentieren.

Die Kernbotschaft lautet:

Der Mandant muss aktiv mitdenken und den Mut zur Eigenverantwortung aufbringen. Ein Unternehmer sollte bereit sein, 300 Seiten Vertragswerk selbst zu lesen. Das ist sicherlich kein Vergnügen – und Anwälte übernehmen den Job gern, aber dann läuft eben auch die Stundenuhr. So kommerziell und pragmatisch denken Anwälte allemal.

04/2021
Chefredaktion: Bastian Frien und Boris Karkowski (verantwortlich im Sinne des Presserechts). Autor: Philipp Habdank. Der Inhalt gibt nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers (Deutsche Bank AG) wieder.