Wenn Tesla die Preise senkt

In vielen Ländern sinkt die staatliche Absatzförderung von Elektroautos. Tesla hat bereits die Preise deutlich gesenkt, doch anderen Herstellern dürften Nachlässe schwerer fallen. Was bedeutet das für deutsche Autozulieferer?

China, größter Automarkt der Welt, hat die Subventionen für E-Autos heruntergefahren. Tesla hat nun die Preise gesenkt – und setzt damit die margenschwächere Konkurrenz unter Druck. Dabei haben deutsche Autohersteller bei Elektroautos schon jetzt Absatzprobleme in China.

China, größter Automarkt der Welt, hat die Subventionen für E-Autos heruntergefahren. Tesla hat nun die Preise gesenkt – und setzt damit die margenschwächere Konkurrenz unter Druck. Dabei haben deutsche Autohersteller bei Elektroautos schon jetzt Absatzprobleme in China. Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Chukrut Budrul

Seit Anfang 2023 gibt es in Deutschland keine staatliche Förderung von Hybridfahrzeugen mehr, die Fördersumme für reine E-Autos ist gesunken und wird ab 2024 weiter sinken. Frankreich und die Niederlande senken ihre staatliche Absatzunterstützung ebenfalls, während Schweden und Großbritannien seit diesem Jahr ganz auf Förderung verzichten. Norwegen, wo im Jahr 2022 mehr E-Fahrzeuge als Verbrenner verkauft wurden, schränkt die Mehrwertsteuer-Befreiung erheblich ein.

Doch entscheidender ist die Situation im weltgrößten E-Auto-Markt: Schon in den vergangenen Jahren hat China die Förderungen zurückgefahren, allerdings wegen der Corona-Pandemie nicht so schnell wie ursprünglich geplant. Auch in diesem Jahr wurde zumindest die Befreiung von der Kaufsteuer noch einmal verlängert. Das Ende der Kaufzuschüsse trifft die Hersteller jedoch merklich; die Verkaufszahlen in China lagen im Januar 2023 deutlich unter denen zum Vorjahresende.

Tesla, bis 2022 noch weltgrößter Hersteller von Elektrofahrzeugen, musste diesen Titel erstmals an den chinesischen Autohersteller BYD abgeben. Ein Grund für diese Schwäche: Teslas Autopreise lagen über der Höchstgrenze für Förderungen. Der Versuch der Amerikaner, Tesla als Luxusfahrzeug oberhalb der Fördergrenze zu positionieren, misslang. Anfang 2023 hat Tesla zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate die Preise reduziert, doch wegen hoher Nachfrage nach dem Model Y mittlerweile wieder leicht angehoben.

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Geringe Profitabilität

Die Subventionskürzungen in wichtigen Automobilmärkten setzen auch andere Hersteller unter Preisdruck. Ford hat die Preise für den Mach-E gesenkt; Mercedes musste in China den Preis für das Flaggschiff EQS wegen der geringen Nachfrage sogar um rund 30.000 Euro senken. Und anders als Tesla haben diese kaum Margenspielraum, weil sie schon heute teils nicht mal kostendeckend arbeiten. Eine Preissenkung schmerzt Tesla (und alle, die gerade erst ein neues Tesla-Fahrzeug noch zum höheren Preis gekauft haben), dennoch bleibt das Unternehmen in der Gewinnzone. Besonders schwierig wird es hingegen für „traditionelle“ Fahrzeugbauer wie Ford, auch wenn diese inzwischen eine Palette eigener Elektroautos im Angebot haben.

Mercedes musste in China den Preis für das Flaggschiff EQS wegen der geringen Nachfrage um rund 30.000 Euro senken.

Junge Unternehmen wie Nio mit bislang geringen Produktionszahlen produzieren zwar einen noch viel höheren Verlust je Fahrzeug, doch tragen sie nicht den Ballast aus der Verbrenner-Historie mit sich. Beispiel Kabelbaum: Auto-Neulinge wie Tesla oder BYD haben ihre Fahrzeugelektronik ganz anders aufgebaut. Statt mit bis zu 120 unterschiedlichen Controllern (Electronic Control Units – ECUs) für die zahllosen Sensoren, Motoren und Displays arbeitet Tesla mit einem zonalen System. Das erlaubt eine automatisierte Fertigung des Kabelbaums und spart nicht nur rare Controller, sondern auch 30 bis 50 Prozent Kabelmaterial und damit Kosten und Gewicht. Von der Gewichtseinsparung profitiert wiederum die Reichweite des Elektromobils, schreibt S&P in einer Analyse. Eine Umstellung ist aber nicht so einfach, wie es erscheinen mag, weil den europäischen Herstellern das Software-Know-how fehlt.

Schwieriger Zugang

Weitere Schwierigkeiten bereitet deutschen Herstellern und Zulieferern der Zugang zu benötigten Rohmaterialien. BYD verfügt über eine eigene Halbleiterfertigung und mit FinDreams Battery Co. über eine eigene Batterie-Tochtergesellschaft, die Lithium-Eisenphosphat (LiFePO4)-Batterien herstellt. Diese versprechen eine höhere Sicherheit, längere Lebensdauer und bessere Temperaturbeständigkeit. Der weltweite Marktführer in der Entwicklung und Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien, CATL, kommt ebenfalls aus China. Die Regierung unterstützt den Aufbau der heimischen Elektroautohersteller politisch auf unterschiedlichen Ebenen. China hat darum nicht nur im Lande selbst, sondern auch über internationale Verträge Zugriff auf wertvolle Ressourcen.

Europas Autobranche hingegen fehlt vielfach der verlässliche Zugang. Hans Remsing, Automotive-Experte bei Deutsche Bank, sieht dennoch mehrere deutsche Autozulieferer im globalen Wettbewerb bei Komponenten für den E-Antrieb sehr gut positioniert: „In unterschiedlichen Bereichen wie dem Rotorwellenbau oder bei Zellkontaktsystemen sind deutsche Unternehmen Marktführer bzw. haben sie attraktive Neuprojekte gewonnen.“ Die europäischen Zulieferer würden aufholen, vielen sei die Transformation zur E-Mobilität gelungen, betont Remsing. Die Erfolgreichsten seien längst im Geschäft mit Tesla und anderen nicht-europäischen E-Auto-Herstellern.

Neue Chancen für deutsche Zulieferer

Außerdem könnten die Zulieferer von der Expansion chinesischer Autohersteller nach Europa profitieren. Denn BYD, Nio und Co. haben zwar bei einer Fertigung in China Kostenvorteile, sind aber zu weit vom Absatzmarkt entfernt. Meist war Norwegen – in Europa in Sachen Elektromobilität und E-Infrastruktur am weitesten entwickelt – der erste Anker. BYD, Nio und Xpeng haben schon 2020 erste Modelle in Norwegen auf den Markt gebracht. Doch es geht nicht allein um den Export, sondern um den Aufbau einer eigenen Infrastruktur. In Deutschland hat BYD angeblich für das Ford-Werk in Saarlouis geboten, Great Wall will eine eigene Fabrik in Ungarn bauen. Nio installiert eigene „Power Swap Stations“ zum schnellen Nachladen. Und Batteriespezialist CATL hat Ende Januar 2023 seine erste europäische Fabrik in Thüringen in Betrieb genommen.

„Die Kooperation zwischen Sixt und BYD könnte viele Vorurteile gegenüber chinesischen Fahrzeugen abbauen.“

Hans Remsing, Deutsche Bank

Aktuell liegen die Anteile der Chinesen am europäischen Elektroauto-Markt bei rund 5 Prozent. Vor Jahren hatten chinesische OEMs mit günstigen Autos versucht, in Europa Fuß zu fassen. Damals vergraulten problematische Sicherheitstestergebnisse die Konsumenten. Diesmal jedoch investieren die Hersteller viel Geld in Sicherheitsausstattungen. Great Wall Motors hat für mindestens zwei Modelle bereits das begehrte 5-Sterne-NCAP-Sicherheitsrating erhalten – das höchstmögliche. Helfen könnte auch eine medienwirksame Kooperation mit Sixt: 100.000 BYD-Elektroautos sollen nach und nach in den Fahrzeugbestand von Sixt Einzug halten. „Das könnte viele Vorurteile gegenüber chinesischen Fahrzeugen abbauen“, glaubt Hans Remsing. Durch die Spezialisierung auf Elektrofahrzeuge könnten chinesische Hersteller ihre Marktanteile in diesem Wachstumssegment bis 2030 auf 12,5 bis 20 Prozent in Europa ausbauen, schätzen die Spezialisten von Inovev.
Mit günstigeren Preisen, moderner Elektronik und Software setzen die chinesischen Hersteller Europas traditionsreiche Automobilhersteller unter Druck. Doch je präsenter sie in Europa werden, desto größer werden die Chancen deutscher Zulieferer, neue Kunden zu gewinnen. Vorausgesetzt, sie bringen das notwendige Know-how mit.

03/2023
Chefredaktion: Bastian Frien und Boris Karkowski (verantwortlich im Sinne des Presserechts). Der Inhalt gibt nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers (Deutsche Bank AG) wieder.

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