Die Erwartung, dass digitale Marktplätze und Tools den Kauf und Verkauf von Unternehmen vereinfachen könnten, war groß. Aber sie wurde immer wieder enttäuscht. Keine Plattform konnte sich durchsetzen. Jetzt versucht es eine neue Generation wieder.
Lange strebten die M&A-Marktplätze danach, eine Alternative zu den „händischen“ M&A-Beratern zu sein. Diese Unternehmensbörsen waren gerade für kleine und kleinste Unternehmen interessant, da die Kosten für Beratung und Begleitung in keinem vernünftigen Verhältnis zum Dealvolumen standen. So entstand eine Vielzahl regionaler „Kontaktbörsen“ rund um die Industrie- und Handelskammern, auf denen viele Gewerbetreibende und Handwerker Nachfolger für ihre Firmen suchten.
Etablieren konnten sich jedoch nur zwei größere, professionelle Unternehmensbörsen: die Deutsche Unternehmerbörse, die mit dem „Handelsblatt“ verbunden ist, und Nexxt Change, eine Kooperation der KfW mit dem Bundeswirtschaftsministerium, Handwerks- und Industriekammern sowie Genossenschaftsbanken und dem Sparkassensektor. Seit seiner Gründung 2006 hat Nexxt nach eigener Aussage schon mehr als 3000 Unternehmen erfolgreich vermittelt.
Die Börsen haben aber diverse Nachteile, weshalb sie über das Mikrounternehmenssegment hinaus wenig attraktiv sind. Die angebotenen Unternehmen lassen sich nur unkomfortabel vorqualifizieren, da eine Filterung vor allem über Branche und Region erfolgt und Annoncen teilweise schon vor Jahren aufgegeben worden sind. Unternehmen sind weitgehend auf sich allein gestellt, und eine Auswahl, wer sich beim Unternehmen melden soll, ist nicht möglich. So ist denn der größte Vorteil der niedrige Preis und die Chance, dass sich auch für kleine Firmen ein Nachfolger per Kauf findet.
Seit rund vier Jahren sind verschiedene M&A-Plattformen entstanden, die die Schwächen der Börsen ausmerzen wollen. Dabei setzen sie vor allem auf die Einbindung von M&A-Beratern und eine Umkehrung des Datenstamms: Die Plattformen sprechen gezielt Investoren an, die sie selbst selektiert haben. Das verspricht zum einen größere Diskretion, zum anderen erhöht es die Abschlusswahrscheinlichkeit, weil eine begrenzte Zahl passender Interessenten adressiert wird, die ihrerseits mehr Zeit investieren, wenn sie nicht einer von 10 000 sind. Außerdem können die Plattformen insbesondere bei Finanzinvestoren viel Wissen über deren Reaktionsverhalten und Interessengebiet sammeln. Da die Registrierungskosten verträglich sind, ist es den jungen Plattformen rasch gelungen, eine größere Zahl an Kaufinteressenten zu gewinnen.
Doch noch ist der Dealflow überschaubar, und keine Plattform legt die Zahl der Abschlüsse offen. Viele M&A-Berater zögern noch bei der Zusammenarbeit mit den Fintechs, die Offenheit nimmt aber zu. Die Plattformen der internationalen Datenraumspezialisten sind Stand heute dagegen nicht viel mehr als eine Arrondierung des bestehenden Geschäfts.
Wer im Mittelstand ver- oder zukaufen will, der sollte auch künftig nicht auf den M&A-Berater verzichten. Plattformen können nur Teile des M&A-Prozesses vereinfachen, aber keine Shortlist validieren, Verhandlungen führen oder gar ein Closing erreichen.
01/2021
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