Kunde und Bank: auf Gedeih und Verderb

Die Beziehung zwischen Unternehmen und ihren Banken ist eine ganz besondere. Eigentlich ist nicht mal ganz klar, wer eigentlich Kunde und wer Lieferant ist.

Mark Twain hat behauptet, dass Banken den Schirm vom Kunden zurückverlangen, wenn es zu regnen beginnt. In Wirklichkeit müssen beide gemeinsam dem Regen trotzen.

Mark Twain hat behauptet, dass Banken den Schirm vom Kunden zurückverlangen, wenn es zu regnen beginnt. In Wirklichkeit müssen beide gemeinsam dem Regen trotzen. Redaktion 4 (Quelle: iStock)

Fast jedes Unternehmen hat sie: die Lieferanten, um die man sich ganz besonders kümmern muss, weil die Produktion oder die Dienstleistung von deren Zulieferung abhängt. Diese Lieferanten sind nicht unkompliziert und schon gar nicht sofort ersetzbar, wie zahlreiche Kunden in den jüngsten Verwerfungen durch Pandemie und Krieg feststellen mussten. Kein Wunder also, dass zum Beispiel die großen Automobilzulieferer ihre Schlüssellieferanten und deren Zulieferer genau im Auge behalten. Und ebenfalls kein Wunder, dass viele Mittelständler begonnen haben, ihre Zulieferer zu diversifizieren, um die Abhängigkeiten zu reduzieren.

Geld ist Geld

Ganz anders beim Lieferanten Bank. Wenn Unternehmen hier reduzieren, dann nicht die Abhängigkeit, sondern die Komplexität. Viele Mittelständler haben ein über Jahre hinweg gewachsenes Bankengeflecht, das bei international operierenden Unternehmen schon mal etliche Dutzend Einzelverbindungen umfassen kann. Das ist ebenso unübersichtlich wie ineffizient und kann im schlimmsten Fall sogar gefährlich werden, wenn Finanzierungen nicht aufeinander abgestimmt sind oder Kettenreaktionen auslösen können. Die meisten Unternehmen haben das allerdings längst erkannt und reduzieren im Zuge der Zentralisierung der Treasury-Funktion die Zahl ihrer Banken.

Banken werden oft gepflegt wie unersetzliche Schlüssellieferanten. Das scheint auf den ersten Blick paradox – Banken bringen nämlich ein Produkt, das kein Alleinstellungsmerkmal aufweist.

Die verbliebenen Banken werden allerdings oft gepflegt wie unersetzliche Schlüssellieferanten. Das scheint auf den ersten Blick paradox – Banken bringen nämlich ein Produkt, das kein Alleinstellungsmerkmal aufweist: Geld. Außerdem gibt es außerhalb des aktuellen Bankenkreises zahllose weitere Häuser, die auch Geld geben könnten. Allerdings wissen die Kunden: Das Geld der Banken ist die Lebensader ihres Unternehmens, ohne die sie sofort Insolvenz anmelden müssten. Und wenn die bestehenden Geldlieferanten kein Geld mehr geben wollen, stehen in der Regel auch keine Ersatzlieferanten parat. Ein guter Grund, sich um ein vertrauensvolles Verhältnis zu bemühen, das auch raue Zeiten übersteht.

Die Bank als Kunde?

Eine ganz besondere Kundenbeziehung ist das Kreditgeschäft allerdings auch aus Sicht der Banken: Wenn ein Kunde ins Straucheln gerät, liefern andere Lieferanten nur noch gegen Vorkasse – oder gar nicht mehr. So einfach kommen die Banken nicht aus der Beziehung heraus, sie tragen ein ganz anderes Risiko. In einem Konsortialkredit liefern sie zu Beginn eine große Menge Geld, für das der Kunde eine Art Leihgebühr (den Zins) bezahlt und es am Ende zurückerstatten muss. Der Gewinn wird also nicht mit der Lieferung gemacht, sondern erst viele Jahre später.

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Verändert man den Blickwinkel ein wenig, ändert sich sogar das ganze Verhältnis: Am Kapitalmarkt umwerben die Unternehmen ihre Investoren wie Kunden – Verkaufsprospekt für potenzielle Gläubiger inklusive. Weil Banken den Unternehmen allerdings auch Dienstleistungen wie Zahlungsverkehr oder Risikomanagement verkaufen, scheint bei ihnen das Kunden-Lieferanten-Verhältnis klar definiert zu sein. Wie auch immer: Eine ganz besondere Beziehung ist die von Unternehmen und ihren Banken auf jeden Fall.

08/2024
Chefredaktion: Bastian Frien und Boris Karkowski (verantwortlich im Sinne des Presserechts). Der Inhalt gibt nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers (Deutsche Bank AG) wieder.


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