Eine Bank und ein Debt Fund teilen sich eine Finanzierung, der Kreditfonds im Nachrang. Diese sogenannten Folo-Strukturen sind im Geschäft mit Finanzinvestoren sehr beliebt – hat das Instrument auch für den Mittelstand Vorteile?
Folo – das ist nicht das neue Jugendwort des Jahres, sondern die Abkürzung einer trendigen Finanzierungsform, die vor allem Finanzinvestoren in Deutschland sehr gerne nutzen. Zum Einsatz kommen die Folos in der Regel dann, wenn eine Private-Equity-Gesellschaft einen Mittelständler übernimmt und einen Teil des Kaufpreises mit Schulden finanziert.
Mit Private Equity finanzierte Unternehmen sind nicht selten mit dem Vier- bis Sechsfachen ihres operativen Gewinns (Ebitda) verschuldet. Um diesen hohen Leverage zu stemmen, müssen sich mehrere Banken in einem Club zusammentun – oder die Beteiligungsgesellschaft wendet sich an einen Kreditfonds. Diese sogenannten Debt Funds können zwar größere Einzeltickets als Banken unterschreiben, sind aber auch deutlich teurer.
Bei den Folos werden beide Welten kombiniert, indem sich ein Debt Fund mit einer oder in Ausnahmefällen auch mehreren Banken zusammenschließt. Das passiert allerdings nicht ganz freiwillig, denn am liebsten würden beide den Deal allein finanzieren, können das aber aus unterschiedlichen Gründen nicht tun – die Bank wegen regulatorischer Grenzen, der Debt Fund wiederum kann operativ benötigte Fazilitäten, wie die Betriebsmittellinie (RCF), Garantielinien oder Cash-Pooling-Limits nicht darstellen. „Die Bank möchte aber in der Regel nicht nur den RCF geben, sondern auch einen Teil der dauerhaft gezogenen und damit im Verhältnis zum Kapitaleinsatz profitableren Finanzierung stellen“, erklärt Leif Knoch, der das deutsche Mittelstands-Leveraged-Finance-Geschäft der Deutschen Bank leitet.
„Die Bank möchte aber in der Regel nicht nur den RCF geben, sondern auch einen Teil der dauerhaft gezogenen und damit im Verhältnis zum Kapitaleinsatz profitableren Finanzierung stellen.“
Leif Knoch, Deutsche Bank
Die Folos lösen das Dilemma. Der Name leitet sich aus dem Kleingedruckten in den Kreditverträgen her, in dem die Rangverhältnisse bei der Verwertung von Sicherheiten geregelt werden. Das „Fo“ steht für „First out“, das „Lo“ für „Last out“. In der Leveraged-Finance-Szene werden dafür gerne auch die Begriffe „First-out/Second-out“ oder „Super Senior/Senior“ genutzt. Auf dem Papier sind beide Finanzierungstranchen zunächst nämlich vorrangig besichert (senior). Erst in der Kreditrahmenvereinbarung wird ein Rangunterschied sichtbar. Dort ist geregelt, dass eine Partei – nämlich die Bank – im Verwertungsfall als erster Zugriff auf den Erlös aus den Sicherheiten hat (super senior).
Diese so genannte Wasserfallregelung bei der Sicherheitenverwertung führt zu einem Preisgefälle. Der Bankenteil der Finanzierung ist besser besichert und kostet daher nur um die 3-4 Prozent. Der Debt Fund trägt das größere Risiko und kostet daher um die 7 Prozent (über den Daumen gepeilt, die Finanzierungskosten weichen individuell ab). Für den Kreditnehmer sinken durch den Wasserfall im Vergleich zur reinen Debt-Fund-Finanzierung die Kosten.
Das ist einer der Gründe, weshalb die Folos bei den Finanzinvestoren so beliebt sind. Die Beteiligungsgesellschaften schätzen aber auch die geringere Komplexität. Im Vergleich zum Banken-Club hat der Gläubiger mit dem Debt Fund nur einen einzigen Ansprechpartner, wovon sich die Finanzinvestoren vor allem in schwierigeren Zeiten schnellere und unkompliziertere Lösungen versprechen.
Die Banken schätzen an der Folo-Struktur das ziemlich komfortable Rendite-Risiko-Verhältnis – und sie sind die einzige Bank im Konsortium. Das wiederum verschafft den Geldhäusern einen Vorteil im Kampf um das Cross Selling, denn ein Debt Fund ist weder auf den Zahlungsverkehr noch auf Devisengeschäfte oder sonstige Bankdienstleistungen aus.
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Dennoch sind die Folos umstritten. Nicht jedem Debt Fund gefällt der strukturelle Nachrang, zumal die Folos in den Augen von Finanzierungsspezialist Knoch eigentlich falsch bepreist sind. „Sobald in der Finanzierung vorne ein Super-Senior-Stück eingebaut wird, müsste der nachrangige Teil eigentlich teurer werden, da man in der Kapitalstruktur weiter hinten finanziert“, sagt der Deutsch-Banker. Wegen des hohen Anlagedrucks der Debt Funds passiere das aber nicht.
Auch nicht jede Bank fühlt sich mit den Folos wohl. Ein Leveraged-Finance-Banker dürfte den Banken-Club vorziehen, weil er darüber mehr Finanzierungsvolumen platzieren kann. Aus der Gesamtbanksicht hingegen scheint das Rendite-Risiko-Profil der Folos interessanter. Thorsten Weber vom Finanzierungsberater GCA Altium beobachtet, dass nur „eine gute Handvoll“ Banken regelmäßig bei den Folos mitmachen. Die aktivste Bank sei Berenberg, deren Marktanteil sich auf rund 50 Prozent belaufe.
Hinzu kommt, dass der echte Stresstest für die Folos erst noch aussteht. Durch die staatlichen Hilfsmaßnahmen in Form von Kurzarbeitergeld, Mietpreisstundungen und Hilfskrediten, haben sich viele Unternehmen Zeit gekauft. Zudem wurden Kreditauflagen (Covenants) wegen Corona häufig ausgesetzt.
Die Folos und die Debt Funds generell sind ein noch junges Phänomen in Deutschland. „Im klassischen Mittelstandsgeschäft mit Firmenkunden kommen die Debt Funds nur in speziellen Situationen zum Zug“, meint Knoch. Bei Bonitäten im Investmentgrade-Bereich hätten die Debt Funds preislich selbst mit den vergünstigten Folos keine Chance, die Banken zu schlagen.
„Im klassischen Mittelstandsgeschäft mit Firmenkunden kommen die Debt Funds nur in speziellen Situationen zum Zug.“
Leif Knoch, Deutsche Bank
Darum kommen Debt Funds nur in Situationen zum Zug, in denen die Hausbank die gewünschte Finanzierung nicht im vollen Umfang bereitstellen kann oder will – wenn der Firmenkunde etwa eine oder mehrere komplexe und große Übernahmen plant, mehr Flexibilität in Form von weniger Covenants möchte oder sich die Bonität des Kunden verschlechtert.
Die Folos im Mittelstand bleiben ein Nischenmarkt, dem nach oben und unten Grenzen gesetzt sind. Der Finanzierungsbedarf muss so groß sein, dass er nicht von den Hausbanken gestemmt werden kann, darf aber nicht so groß sein, dass für den Mittelständler der Kapitalmarkt in Form von Schuldscheinen, institutionellen Kapitalmarktdarlehen und Anleihen interessant wird.
11/2021
Chefredaktion: Bastian Frien und Boris Karkowski (verantwortlich im Sinne des Presserechts). Autor: Philipp Habdank. Der Inhalt gibt nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers (Deutsche Bank AG) wieder.