Unternehmen können eine steuerliche Forschungsförderung beantragen – maximal 1 Million Euro pro Jahr. Die Zulage soll Anreize schaffen, in Forschung und Entwicklung zu investieren.
Innovation heißt das Zauberwort, damit Deutschland auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleibt. Das Land ist zwar immer noch die stärkste europäische Patentmacht, sehr breit aufgestellt und schlägt sich gemessen an seiner Einwohnerzahl beachtlich. Der Anspruch, eine führende Technologienation zu sein, gerät einer Bertelsmann-Studie aus dem Jahr 2020 zufolge aber unter Druck: Gehörte Deutschland 2010 in 47 von 58 untersuchten Technologien noch zu den drei Nationen mit den meisten Weltklassepatenten, hat sich dieser Anteil 2019 mit nur noch 22 Technologien mehr als halbiert. Diese Entwicklung betrifft auch Deutschlands Schlüsselbranchen Industrie und Mobilität.
Die Expertenkommission Forschung und Innovation fordert in ihrem aktuellen Gutachten vom Februar dieses Jahres daher größere Anstrengungen – vor allem bei der Stärkung der Innovationskraft kleinerer und mittlerer Unternehmen (KMU), die ein wichtiger Teil der deutschen Innovationslandschaft sind. Die Thematik ist umso drängender, da diese Unternehmen aktuell ganz besonders unter der Corona-Krise leiden. Nach Erhebungen des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung haben KMU im vergangenen Jahr ihre Innovationsausgaben um 8,7 Prozent zusammengestrichen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Innovationserfolge im Jahr 2019 laut ZEW unter denen der Vorjahreswerte geblieben sind.
Um im härter werdenden internationalen Wettbewerb nicht zurückzufallen hat die Bundesregierung Ende 2019 eine steuerliche Forschungsförderung verabschiedet, die Unternehmen für ab dem 1. Januar 2020 begonnene F&E-Projekte gewährt wird. Ziel ist der Anreiz, in Forschung und Entwicklung zu investieren. Auch bislang nicht aktive Unternehmen sollen dadurch zu eigenen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten motiviert werden. Zwar hat die Corona-Krise den Ansturm auf die Forschungszulage gebremst. Mit dem sich abzeichnenden Wirtschaftsaufschwung, so die Erwartungen, dürften die Antragszahlen aber deutlich anziehen.
Gefördert werden Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, die sich mit Grundlagenforschung, industrieller Forschung oder experimentellen Entwicklungen beschäftigen und bei denen eine technologische Unsicherheit zu lösen ist. Das Förderspektrum ist bewusst breit gehalten. So ist nicht nur die Entwicklung neuer Produkte, Verfahren und Dienstleistungen begünstigt, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch die Entwicklung kommerziell nutzbarer Prototypen und Pilotprojekte.
Wer ist antragsberechtigt?
Alle deutschen Unternehmen, die forschen und entwickeln
Was wird gefördert?
Grundlagenforschung, industrielle, experimentelle und Auftragsforschung
Wieviel Geld gibt es?
Maximal 1 Million Euro für Personalkosten; die Förderquote beträgt 25 Prozent
Darf man andere forschen lassen?
Ja, solange die Auftragsforscher ihren Sitz in der EU oder der EWU haben; dann sind 60 Prozent der Kosten inkl. Sachkosten förderfähig
Gefördert werden 25 Prozent der Personalkosten für die mit der Forschung und Entwicklung beschäftigten Mitarbeiter, ergänzt um die vom Arbeitgeber zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge, bis zu einer Bemessungsgrundlage von 4 Millionen Euro. Die maximal mögliche Forschungszulage beträgt also 1 Million Euro pro Jahr. Die ursprüngliche Bemessungsgrundlage von 2 Millionen Euro wurde im Zuge des Corona-Konjunkturpakets befristet bis 30. Juni 2026 verdoppelt und gilt rückwirkend für nach dem 30. Juni 2020 angefallene förderfähige Aufwendungen. „Dabei spielt es keine Rolle, ob das Unternehmen Gewinne oder Verluste macht“, sagt Martin Theis, Wirtschaftsprüfer bei der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ebner Stolz. Entscheidend ist, dass das Unternehmen in seine Innovationskraft investiert und damit Arbeitsplätze und Wohlstand von morgen sichert.
„Die Bescheinigungsstelle Forschungszulage prüft, wie plausibel das Verhältnis der geplanten Personalkosten zu den im Projekt involvierten FuE-Mitarbeitern ist.“
Martin Theis, Ebner Stolz
Unternehmen, die Forschungs- und Entwicklungsleistungen in Auftrag geben, können 60 Prozent der Kosten für die Fremdforschung bezuschussen lassen, und zwar neben den Personal- auch Sachkosten. Der Auftragnehmer, etwa eine Universität, ein Forschungsinstitut oder ein anderes Unternehmen, muss allerdings seinen Sitz in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums haben.
Das Antragsverfahren für die Gewährung der Forschungszulage ist zweistufig aufbaut. „Im ersten Schritt müssen Unternehmen gegenüber der Bescheinigungsstelle Forschungszulage nachweisen, dass ihr Forschungs- und Entwicklungsvorhaben die notwendigen Voraussetzungen erfüllt, um als förderfähiges Vorhaben bescheinigt zu werden“, erklärt Theis. Das heißt unter anderem, dass das Vorhaben neuartig, schöpferisch, ungewiss in Bezug auf das Endergebnis, systematisch sowie reproduzierbar sein muss. Indiz für die Förderfähigkeit eines Vorhabens kann insbesondere sein, wenn Produkte oder Dienstleistungen entwickelt werden, die es bisher auf dem Markt noch nicht gibt.
In dem Antrag muss eine aussagekräftige und nachvollziehbare Darstellung des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens erfolgen, die auch Angaben zum zeitlichen, personellen und finanziellen Umfang des Projekts enthält. „Die Bescheinigungsstelle Forschungszulage prüft nach unseren ersten Erfahrungen unter anderem auch, wie plausibel das Verhältnis der geplanten Personalkosten zur Projektplanung und den im Projekt involvierten FuE-Mitarbeitern ist“, sagt Theis. Für die Bescheinigung sollten drei Monate Bearbeitungsdauer einkalkuliert werden.
Ist das Vorhaben förderfähig kann im zweiten Schritt der Antrag auf Festsetzung der Forschungszulage beim zuständigen Finanzamt gestellt werden. Auch dabei rät Theis, mit Blick auf mögliche Betriebsprüfungen, laufende Aufzeichnungen zu führen, die eindeutig und zeitnah die geleisteten Arbeitsstunden belegen und plausibel zur zeitlichen und personellen Projektplanung des FuE-Vorhabens stehen (eine Mustervorlage eines „Stundezettels“ hat das BMF veröffentlicht). Die Beantragung erfolgt elektronisch über das Onlineportal Elster. Nach Prüfung des Antrags setzt das Finanzamt die Höhe der Zulage fest und rechnet anschließend im Steuerveranlagungsverfahren die Forschungszulage auf die Ertragssteuerschuld an. Ergibt sich nach Anrechnung ein Überschuss, wird dieser als Einkommen- oder als Körperschaftssteuererstattung ausgezahlt.
Die Forschungszulage kann von allen Unternehmen beantragt werden, die ihren Sitz in Deutschland haben, hier steuerpflichtig sind und Forschung und Entwicklung betreiben. Sie steht also großen wie auch kleinen und mittelständischen Unternehmen, etablierten Unternehmen wie auch Start-ups zur Verfügung. Und sie kann von Unternehmen aller Branchen und Regionen Deutschlands beantragt werden.
05/2021
Chefredaktion: Bastian Frien und Boris Karkowski (verantwortlich im Sinne des Presserechts). Autor: Andreas Knoch. Der Inhalt gibt nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers (Deutsche Bank AG) wieder.