„Keilen oder kuscheln?“, lautet die Frage, die sich Banken und Debt Funds zum gegenseitigen Umgang stellen. Der Trend geht klar in Richtung kuscheln, doch die Corona-Krise ist der erste echte Beziehungstest.
„Die Hand, die du nicht abschlagen kannst, musst du schütteln“, lautet eine arabische Redensart. Sie beschreibt treffend den derzeitigen Beziehungsstatus zwischen Banken und Debt Funds. Beste Freunde werden die beiden vermutlich nie werden, denn sie haben die gleiche Klientel im Blick: Firmenkunden. Doch Banken und Debt Funds haben sich über die Jahre angenähert und arbeiten immer häufiger zusammen.
Das war nicht immer so. Private Debt ist in Deutschland ein recht junges Phänomen. Die Kreditfonds dürfen überhaupt erst seit 2015 Kredite an Unternehmen vergeben. Bis dahin befand sich der Markt fest in den Händen der Banken. Diese sahen Debt Funds zunächst als Angreifer, gegen die es sich zu wehren galt. Schnell wurde klar, dass das nicht so einfach funktionierte. Inzwischen suchen immer mehr Banken die Zusammenarbeit mit Debt Funds – die einen mehr, die anderen weniger.
Die Deutsche Bank handhabt die Zusammenarbeit mit Debt Funds opportunistisch. „Ich bin ein großer Anhänger davon, flexibel zu bleiben und sich viele Optionen offenzuhalten“, sagt Stephan Beil, der das Geschäft mit Akquisitionsfinanzierungen in der Unternehmensbank leitet. Mit anderen Worten: Die Deutsche Bank zeigt sich grundsätzlich offen für die Zusammenarbeit, will sich aber nicht an einen einzelnen Debt Fund binden.
„Ich bin ein großer Anhänger davon, flexibel zu bleiben und sich viele Optionen offenzuhalten.“
Stephan Beil, Deutsche Bank
Diese Strategie lässt sich gut am Beispiel Supernova veranschaulichen. Das österreichische Unternehmen kauft und betreibt Einzelhandelsimmobilien. Das Geschäftsmodell ist stark auf Zukäufe ausgerichtet und dadurch kapitalintensiv. 2019 benötigte Supernova eine Finanzierung für die Übernahme eines Retail-Immobilienportfolios im Wert von 225 Millionen Euro. Die Deutsche Bank strukturierte die Finanzierung. Die lokale Immobilienfinanzierung vor Ort übernahmen regionale Banken. Eine übergeordnete Finanzierung auf Holdingebene streckte die Deutsche Bank vor und syndizierte sie anschließend an den Debt Fund H&A Global Investment Management.
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Eine solche Kooperation löst für jede Seite ein grundsätzliches Problem: Den Finanzinvestoren fehlt der Zugang zu den Kunden (im Beispiel hatte Supernova die Deutsche Bank angesprochen, nicht den Debt Fund) und Banken tun sich aufgrund der regulatorischen Einschränkungen immer schwerer, langfristige Finanzierungen mit anspruchsvollem Risikoprofil auf der Bilanz zu halten.
Die größten Überlappungen zwischen Banken und Debt Funds gibt es aber nicht bei Firmenkunden wie Supernova, sondern im sogenannten Leveraged-Finance-Geschäft. Das sind meist hochverschuldete Unternehmen von Private-Equity-Investoren, deren Risikoprofil deutlich schlechter ist als das eines gewöhnlichen Mittelständlers. Die Übernahmen in diesem Geschäft werden immer größer, die Finanzierungen dadurch zwangsläufig auch. Um solch eine Transaktion zu finanzieren, müssen sich mehrere Banken zusammenschließen. Das gefällt weder dem Private-Equity-Investor, der am liebsten einen einzigen Ansprechpartner für die Finanzierung hätte, noch den Banken, die die Kundenbeziehung nicht mit anderen Häusern teilen möchten.
Debt Funds können höhere Risiken eingehen als Banken und größere Finanzierungen allein unterschreiben. Sie versprechen ihren Investoren aber auch hohe einstellige bis niedrig zweistellige Renditen. Darum müssen sie selbst hohe Zinssätze verlangen und kommen daher bei nicht allzu aggressiven Strukturen oft nicht zum Zuge. Um dieses Dilemma zu lösen, hat sich am Markt ein Kooperationsmodell etabliert, das von der Hamburger Berenberg Bank salonfähig gemacht wurde. Ein Debt Fund und eine Bank tun sich zusammen, um einen Private-Equity-Deal zu finanzieren. Den größeren nachrangigen Teil der Finanzierung übernimmt der Debt Fund. Die kleinere vorrangig besicherte Tranche nimmt die Bank in die Bücher.
Der Debt Fund trägt im Vergleich zur Bank das höhere Risiko, erhält dafür aber auch mehr Marge. Für das Unternehmen hat die Beimischung der günstigeren Banktranche den Vorteil, dass dadurch die Finanzierungskosten niedriger ausfallen als mit einer reinen Debt-Fund-Finanzierung. Der Leverage kann aber höher sein als mit einem reinen Bankenkonsortium. Die Bank teilt die Kundenbeziehung nicht mit anderen Banken und hat damit einen Vorteil beim Cross-Selling. Der Debt Fund bekommt seinen Deal und der Private-Equity-Investor hat nur zwei Ansprechpartner für seine Finanzierung.
Auch im Co-Investment-Modell geht es um einen Kunden der Bank, den diese nicht mit anderen Banken teilen und schon gar nicht verlieren will. Dafür gibt es mittlerweile strukturierte Kooperationen zwischen beiden Parteien. So bietet die Schweizer Bank Credit Suisse dem ebenfalls eidgenössischen Debt Fund Patrimonium bei einer Anfrage eines Firmenkunden automatisch den Teil der Finanzierung an, den sie selbst nicht auf die eigene Bilanz nehmen kann oder will. Patrimonium klinkt sich also in das Kreditbuch von Credit Suisse ein und tritt neben ihr als Co-Investor auf.
Trotzdem landen auch im Co-Investment-Topf letztendlich wieder viele Private-Equity-Deals. Mit reinen Corporate-Finanzierungen verdienen Debt Funds weiterhin zu wenig Geld, um den Renditeanforderungen ihrer Investoren gerecht zu werden. Sie kommen dann zum Zug, wenn der Finanzierungsanlass oder das Risikoprofil des Kunden für eine Bank zu knifflig wird. Solange die Renditeanforderungen an Debt Funds nicht signifikant sinken, wird sich daran auf absehbare Zeit kaum etwas ändern.
Der Unterschied zu dem Kompromiss-Modell liegt darin, dass Credit Suisse und Patrimonium bei der Finanzierung gleichgestellt sind. Es gibt zwischen Bank und Fonds keinen Nachrang. Für diese Kooperation hat Patrimonium ein eigenes Fondsvehikel aufgelegt, dessen Renditeversprechen unterhalb des typischen Private-Debt-Universums liegt.
Debt Funds dürfen erst seit 2015 eigene Kredite vergeben. Bis dahin mussten sie einen Umweg über eine sogenannte Fronting Bank gehen. Seit der Legalisierung von Private Debt haben die Finanzinvestoren in der deutschen Corporate-Finance-Welt stark an Bedeutung gewonnen – insbesondere bei der Finanzierung von Private-Equity-Übernahmen. In diesem Segment haben Debt Funds ihren Marktanteil in Deutschland in den vergangenen fünf Jahren von 15 Prozent auf 60 Prozent ausgebaut.
Ansätze wie das Co-Investment-Modell zeigen, dass Banken für Debt Funds inzwischen eher Türöffner als Türsteher zum Mittelstand sind. Für die Zukunft der Kooperationsmodelle wird die Corona-Krise vermutlich wichtig sein. Sie ist der erste richtige Stresstest für die Partnerschaften. Deren Vorteile liegen in wirtschaftlich guten Zeiten auf der Hand. Aber wie vertragen sich Bank und Debt Fund in stürmischen Zeiten, wenn ein Unternehmen restrukturiert werden muss? Die Antwort auf diese Frage steht noch aus.
Im Prinzip gibt es zwei Szenarien: Entweder killt die Corona-Krise die Kooperationsmodelle direkt wieder, weil sich Banken und Debt Funds in der Restrukturierung überwerfen – oder die Krise schweißt beide Parteien zusammen und hebt die Beziehung zwischen Banken und Debt Funds auf das nächste Level. Aktuelle Beobachtungen sprechen eher für die zweite Variante.
04/2021
Chefredaktion: Bastian Frien und Boris Karkowski (verantwortlich im Sinne des Presserechts). Autor: Philipp Habdank. Der Inhalt gibt nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers (Deutsche Bank AG) wieder.