Eine eigene Praxis eröffnen – immer weniger Ärztinnen und Ärzte entscheiden sich heute dafür. Doch für die HNO-Fachärztinnen Dr. Birthe Grasteit und Dr. Sabrina Heinrichs war genau jetzt der richtige Zeitpunkt, eine Praxis in Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) zu übernehmen.
Lara-Mareike von der Sode, db HealthCare-Beraterin
Die db HealthCare-Beraterin Lara-Mareike von der Sode berät seit Jahren Heilberuflerinnen und -berufler auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit und hat Dr. Birthe Grasteit und Dr. Sabrina Heinrichs auf ihrem Weg der Praxisfinanzierung begleitet. Im Januar 2023 übernahmen die beiden Ärztinnen die HNO-Praxis Stockelsdorf bei Lübeck als Einzelpraxis. Inzwischen führen sie die Praxis als BAG.
„Natürlich hatten wir anfangs Bedenken“, berichtet Sabrina Heinrichs. „Die Verantwortung, das finanzielle Risiko: Schaffe ich das alles? Zudem mit drei kleinen Kindern zu Hause? Aber das Angebot klang verlockend und kam genau zum richtigen Zeitpunkt.“ Eine HNO-Praxis in einem Ärztehaus vor den Toren Lübecks suchte schon seit Längerem eine Nachfolge. Studienfreunde machten Birthe Grasteit darauf aufmerksam. „So kam der Stein ins Rollen“, blickt die HNO-Ärztin zurück. „Nach vielen Jahren als angestellte Ärztin in einer Klinik und einer Großpraxis hatte ich große Lust, mein Arbeitsumfeld selbst zu gestalten: den Standort meines Lebensmittelpunkts zu bestimmen, meine Arbeitszeiten an meinen Lebensstil anzupassen, die Praxisräume so einzurichten, dass sie mir gefallen, und für einen guten Teamgeist zu sorgen. Eine gut laufende Praxis an einem interessanten Standort zu übernehmen, klang verlockend. Aber ich hatte auch großen Respekt vor dieser Herausforderung. Für mich stand schnell fest, allein wollte ich die Verantwortung und das Risiko nicht schultern, aber zu zweit – warum nicht?“ Birthe Grasteit und Sabrina Heinrichs sind bereits seit vielen Jahren Kolleginnen und kennen sich beruflich und privat sehr gut. Die Idee, die Praxis gemeinsam als BAG zu führen, reizte beide. „Schnell stellte sich heraus, dass wir eine ähnliche Vorstellung davon hatten, wie wir eine Praxis gestalten und leiten möchten. Das war der ausschlaggebende Punkt“, ergänzt Sabrina Heinrichs.
Nicht alle, die eine Praxis übernehmen möchten, finden auf Anhieb eine passende Praxis. „Auf der Deutschen Bank PraxisBörse bringen wir Praxisabgebende und Praxissuchende zusammen“, weist Lara-Mareike von der Sode auf ein weiteres Service- und Beratungstool der db HealthCare hin. Der Online-Marktplatz richtet sich an (Zahn-)Ärztinnen und (Zahn-)Ärzte und gibt einen Überblick über den Praxismarkt. Durch die Anbindung von über 150 Partnern der Deutschen Bank bietet die PraxisBörse Zugriff nicht nur auf die Praxisinserate aus dem Nutzerkreis der Deutschen Bank, sondern auch darüber hinaus – und schafft dadurch eine hohe Markttransparenz. „Wir begleiten (Zahn-)Ärztinnen und (Zahn-)Ärzte bei dem Prozess der Praxisübernahme und -übergabe und berücksichtigen bei der Suche nach einer Nachfolge ihre individuellen Anforderungen und Wünsche“, so die Beraterin.
Was folgte, waren intensive Monate der Planung und Vorbereitung. Bereits über 12 Monate vor geplantem Start in der gemeinsamen Praxis waren Entscheidungen notwendig. Dabei hatten die beiden HNO-Ärztinnen jede Menge Unterstützung: „Unsere erste Anlaufstelle war die Kassenärztliche Vereinigung. Dort beantwortete man viele unserer Fragen: War es überhaupt möglich, eine Einzelpraxis in eine BAG umzuwandeln? Kann man sich einen Kassensitz teilen? Welche Formen der BAG gibt es?“ Bevor aus der HNO-Praxis von Birthe Grasteit und Sabrina Heinrichs eine BAG wurde, mussten sie einen Zwischenschritt einlegen. „Da wir uns nicht als Team auf den frei werdenden Kassensitz in Stockelsdorf bewerben konnten, hat das zunächst Sabrina übernommen und mich als ärztliche Entlastungsassistentin angestellt. Da dies nur eine Übergangsphase sein sollte, haben wir von Beginn an als BAG agiert und uns entsprechend dargestellt. Nach einem Dreivierteljahr konnten wir den Kassensitz paritätisch teilen. Seit dem 1. Oktober 2023 sind wir auch auf dem Papier gleichberechtigte Partnerinnen der BAG“, erläutert Birthe Grasteit den Übernahmeprozess.
Was man früher unter einer Gemeinschaftspraxis verstand, nennt sich heute juristisch korrekt ärztliche Berufsausübungsgemeinschaft (BAG). In einer BAG schließen sich mindestens zwei Ärztinnen oder Ärzte wirtschaftlich und organisatorisch zu einer Einheit zusammen. Sie ist die engste Kooperationsform zwischen Ärztinnen und Ärzten.
Für alle beteiligten Ärztinnen und Ärzte gilt zudem ein und derselbe Praxisname.
„Eine BAG ist für viele Ärztinnen und Ärzte ein interessantes Modell, sich selbstständig zu machen. Der Grund: Sie bietet unterschiedliche Optionen, eine Praxisgründung zu gestalten. In einer BAG ergeben sich viele fachliche, organisatorische und wirtschaftliche Synergieeffekte“, resümiert die db HealthCare-Beraterin von der Sode. „Zudem lässt sich das Modell an die berufliche und private Lebenssituation der BAG-Partnerinnen oder -Partner individuell anpassen. Dazu schließen die Praxisgründerinnen beziehungsweise -gründer einen auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Gesellschaftsvertrag ab. Es ist ratsam, sich dabei von einer erfahrenen Rechtsanwaltskanzlei unterstützen zu lassen.“
Auch die Frage der Praxisfinanzierung muss bei einer Praxisübernahme frühzeitig geklärt werden. „Noch bevor sich eine von uns auf den Kassensitz bewerben konnte, benötigten wir die Kreditzusage der Bank. Frau von der Sode hat sofort verstanden, worauf wir hinauswollten und was wir brauchten“, berichtet Sabrina Heinrichs. „Sie hatte gute Ideen für die Finanzierung unserer Praxis und hat sich sehr intensiv um uns gekümmert. So konnte sie uns die ein oder andere Sorge rasch nehmen. Wir fühlten uns bei ihr sofort gut aufgehoben.“
„Entscheiden sich Praxisgründerinnen oder -gründer für eine BAG, ist die Frage der Finanzierung oftmals komplexer als bei Gründung einer Einzelpraxis“, weiß die db HealthCare-Beraterin von der Sode. „Im Fall der HNO-Praxis Stockelsdorf waren zudem zwei Finanzierungsmodelle gefragt: eins für die neunmonatige Übergangsphase, in der Frau Heinrichs alleinige Inhaberin der Praxis war, und ein weiteres Finanzierungsmodell für die BAG, bei denen die finanziellen Lasten gleichermaßen auf beide Partnerinnen verteilt wurden.
„Vor allem beim Übergang zur BAG gab es viel zu beachten“, erinnert sich Birthe Grasteit. „Bereits drei Monate vor dem Start der BAG waren neue Geschäftskonten eingerichtet, sodass wir den Zahlungsverkehr problemlos umstellen konnten. In dieser Phase war es für uns besonders wertvoll, einen zuverlässigen Finanzpartner an der Seite zu haben. Denn wir waren zu dem Zeitpunkt bereits vollauf mit dem Praxisbetrieb beschäftigt.“
Die gute Nachricht: Bei einer Praxisgründung oder Praxisübernahme wird niemand allein gelassen. Es gibt Rechtsanwaltskanzleien, Steuer- und Finanzberatungen, die sich auf das Gesundheitswesen und Heilberufe spezialisiert haben. Sie verfügen über umfassende Erfahrungen in ihrem jeweiligen Fachgebiet. „Uns haben die Beratungsangebote der Expertinnen und Experten enorm dabei geholfen, eine Praxisform inklusive Finanzierung zu finden, die zu uns passt“, bestätigt Sabrina Heinrichs.
Mithilfe von Steuer-, Rechts- und Finanzexpertinnen und -experten ist es den beiden Ärztinnen gelungen, ihr Einstiegsmodell in die Selbstständigkeit exakt an ihre Anforderungen und Bedürfnisse anzupassen. „Wer eine Praxis eröffnen möchte, sollte aber auch das informelle Gespräch mit Kolleginnen und Kollegenoder anderen Ärztinnen und Ärzten suchen, die sich bereits niedergelassen haben. Sie haben oft gute Tipps und Hinweise“, legt Birthe Grasteit allen, die eine Praxis gründen möchten, ans Herz.